Herberge "Am Geisenstieg" (2)

  • "Hm." Alanis rappelt sich auf und sammelt ihre Ausrüstung ein. Es klappert leise, als sie das Besteck und die Fäden in die Schale räumt. Der kleine Becher mit dem Schnaps, der in der Schale stand, wird in mit einem geübt wirkenden Schluck geleert, der manchen strammen Trinker vor Neid erblassen lassen würde. Sie geht zum Tisch hinüber, die Schöße des Morgenmantels rascheln leise und so vornehm, wie eigentlich nur Seide rascheln kann. Nachdem sie die Sachen auf den Tisch gestellt und sich in der Waschschüssel die blutigen Hände gesäubert hat, kehrt sie zum Bett zurück und bleibt daneben stehen. "Wenn Du mit Kapal argumentierst, kann ich nichts dagegen sagen. Wenn Dein Argument die Drachen gewesen wären, hätte ich Dir einen Vogel zeigen müssen." Sie lächelt dünn.

  • "Dann vergiss was ich über Kapal gesagt habe und zeig mir den vogel, wenn du dich dann besser fühlst."


    Er warf ihr vom Bett aus einen Blick zu der durchaus von Ernst besetzt war.


    "Du hättest allen Grund dazu."


    Das Kissen, welches immernoch in seiner Hand ruhte, warf er wieder neben sich auf das Bett, dafür bediente er sich einer Decke.

  • "Geschenkt." Sie winkt ab und seufzt leise. Noch immer steht sie vor dem Bett und scheint keine Anstalten machen zu wollen, ihm zu folgen. "Bin ja froh, dass alles ganz gut ausgegangen ist und niemand ernstlich zu Schaden gekommen ist. Der Seelenfresser sitzt auch im Limbus, das Ego das Grauen ist gestreichelt und die Politiker haben wieder sehr viel geredet. Und in wessen Namen Du entscheidest, Dich verbeulen zu lassen, ist Deine Entscheidung. Deine Schmerzen geben Dir sicherlich genug Auskunft darüber, ob es eine Sache wert war oder nicht. - Da brauchst Du nicht auch noch mich, die zeternde Furie, die Dich mit dem Besen in der Hand in der Haustür erwartet und Rechenschaft verlangt."

  • "Ich habe nicht gesagt das ich mich rechtfertige. Ich habe nur gesagt das du deinem Frust freien Lauf lassen sollst, wenn es dir gut tut."


    Er musste in der Tat schon wieder schmunzeln.


    "Und worauf wartest du gerade? Ist dir nicht ein wenig kalt? So wie immer?"


    Er streckte seine Zunge im Ansatz raus.

  • "Oh, ich dachte ich hätte das soeben an Deinem Bein getan", klingt es zuckersüß zurück. Alanis legt den Kopf schief und mustert ihn einmal von oben bis unten, dann zuckt sie mit den Schultern. "Ja, mir ist kalt. Also untersteh Dich, mir heute Nacht die Decke zu klauen."


    Sie beugt sich zum Nachttisch hinunter und pustet die Lampe aus. Dämmriges Nachtblau erfüllt den Raum. Mit einem leisen Flüstern gleitet der Morgenmantel zu Boden, dann krabbelt Alanis zurück in's Bett.

  • Damorg macht ihr bereitwillig Platz und teilt soagr die Decke mit ihr. Nachdem er Alanis noch einen kurzen Kuss auf die Stirn gegebn hat , legt er sich endgültig auf den Rücken und rückt noch ein paar mal hin und her bis er bequem liegt. Seine Augen schließen sich und der Atem wird ruhiger.

  • Alanis legt den Kopf an Damorgs Schulter, haucht einen Kuss darauf und starrt in die Dunkelheit. Und die Dunkelheit starrt zurück, schleicht sich heimlich in ihr Herz und damit in ihren Schlaf, der erst sehr spät in dieser Nacht zu ihr kommt und böse Dinge mitbringt, böse, alte Geschichten, die sie an diesem Abend im Wald nur kurz erwähnt hat. Doch diese Erwähnung allein genügt, dass sich Erinnerung mit Traum verbindet und eben jener Traum nicht sehr lange bleibt, da der Körper rebelliert.


    Irgendwann schreckt sie hoch, zitternd, weiß nicht Recht, ob sie geschrien hat oder nicht und bleibt stocksteif im Bett sitzen. Mit einer Hand fährt sie sich über die Augen, um die Trugbilder fortzuwischen und findet die Hand nass. Schweiß oder Tränen? Ihr Körper ist klamm und verfroren.

  • Damorg wachte mitten in der Nacht auf und wusste zunächst nicht warum. Er brauchte einen kurzen Augenblick um zu realisieren wo er war, als er bermerkte, dass Alanis neben ihm saß, rappelte auch er sich auf. Mit einer raschen Bewegung rieb er sich die Augen und betrachtete dann die Priesterin. Mit einer stark belegten Stimme fragte: "Kannst du nicht schlafen?"

  • Alanis zwingt sich, durchzuatmen. Der Druck, den die Dunkelheit in dem Zimmer erzeugt, der sich zusammenballt und auf ihr liegt, als wolle er sie zerquetschen, nimmt von Moment zu Moment zu.


    "Nur ein bisschen schlecht geträumt", gibt sie zurück und legt eine Hand auf sein Bein, eine Bewegung, die ihr tonnenschwer in den Gliedern zu liegen scheint. "Schlaf ruhig weiter. Ich gehe nur mal gerade raus."


    Mit sanfter Geste tippt sie ihm gegen die Schulter, ihre Hand zittert.

  • Der Priester räuspert sich. Bei einem zweiten Blick erkennt er erst die feuchte Haut und ihren beklemmten Zustand. Vorsichtig legt er seine Hand auf ihren Rücken.


    "Sicher das ich nicht mitkommen soll?"


    Besorgnis liegt auf seinen Zügen und auch seiner Stimme ist dies anzumerken.

  • "Nein, nicht nötig", sagt sie, schärfer als beabsichtigt und schwingt die Beine aus dem Bett, um aufzustehen. Ihre Schultern, die er berührt, sind angespannt, so als würden sie einen Schlag erwarten und sie beeilt sich, sich ihm zu entziehen.

  • Damorg seufzt laut und lässt sich nach hinten in das Bett fallen. Die Augen nun weit geöffnet schaut er an die Decke. An Schlaf konnte er gerade auch nicht mehr denken, dazu war er zu verwirrt. Alanis Worte lies er unkommentiert.

  • Auf der Bettkante sitzend, verharrt sie einen kleinen Moment. Anspannung vibriert in ihrem Körper, raus, nur raus, rufen ihre Muskeln und Knochen - und vor allem ihr Kopf. Ihr Herz würde gerne bleiben, doch es liegt auf dieselbe Weise stumpf in ihrer Brust wie damals, so als würde es in einem Käfig ruhen, abgeschlossen, damit nichts hinein kam - oder nichts hinaus.


    "Mach Dir keine Sorgen. Ich bin gleich wieder da."


    Das bringt sie noch heraus, doch es klingt hohl. Dann steht sie auf, streift sich Schuhe, Kleid, Mantel rüber und eilt aus der Tür.

  • Seine Antwort bleibt aus. Der Körper bleibt ruhig liegen nur der Atem geht ruhig. Der Versuch die Augen zu schließen und weiter zu schlafen misslingt.
    Wie zwei Menschen geht es durch seinen Kopf.

  • Alanis rennt förmlich aus dem Haus und bringt einige Meter hinter sich, bevor sie schwer atmend stehen bleibt, die Arme in die Hüften gestützt. Nicht, weil es so anstrengend war, sondern weil die pure Panik ihr die Luft nimmt.


    Langsam geht sie auf und ab, bis die Atemnot abgeklungen ist. Aufgebracht führt sie sich mit den Fingern durch die feuchten Haare. Verdammte Träume -. Armer Damorg. Sie lächelt reuig vor sich hin.


    Es vergeht eine ganze Weile, bis der katatonische Herzschlag soweit abgeklungen ist, dass sie sich wieder unter Kontrolle hat. Was die Tage auf dem Schiff nicht geschafft hatten, hatte eine Erinnerung hervorgerufen. Sie hatte geglaubt, es würde besser werden. Aber es wurde nur noch schlimmer. Nun also auch in einem geschlossenen Zimmer.


    Die Geweihte strafft ihre Gestalt. Es würde schon vorbeigehen. Irgendwann. Sicherlich.


    Irgendwann schleicht sie sich wieder in's Zimmer zurück. Die Tür quietscht zu ihrem Bedauern herzerweichend, als sie sich durch den Türspalt quetscht, um dann in die Dunkelheit des Raumes zu lauschen.

  • Damorg hat sich in dem Bett mittlerweile zur Seite gedreht, die Decke liegt nur noch auf Hüfthöhe. Die Augen sind geschlossen, aber Schlaf hat er immer noch nicht gefunden. Das Quietschen in seinem Ohr ist wie ein Schrei.

  • Leise geht Alanis durch den Raum und legt den Mantel ab. Die Schuhe streift sich sich von den Füßen, dann geht sie zum Tisch und ein leises Klirren ist zu vernehmen, wie von einem Glasbehälter, der hervorgekramt - und dann mit ein wenig Nachdruck wieder hingestellt wird. Einen Moment später fliegt das Kleid in irgendeine Ecke, dann gleitet Alanis wieder in's Bett, ihren Körper von hinten an seinen schmiegend, die Decke sachte wieder über sie beide deckend. Ihre Bewegungen sind wieder leicht, das Zittern ist fort. Sie lauscht auf Damorgs Atem.

  • Damorg bleibt ruhig liegen und genießt das Gefühl der Wärme, doch zugleich ist er hin und her gerissen, ob er nachfragen soll, was eben passiert ist. Nach wenigen Augenblicken rutscht er ein Stück von der Priesterin weg und bleibt dort ruhig liegen. Ein flaues Gefühl hat sich in seinem Magen breit gemacht und die Wärme vertrieben.

  • Alanis zuckt spürbar ein wenig zusammen, als er von ihr abrückt und preßt die Lippen zusammen, um den Kloß in ihrer Kehle zu bezähmen. Dann dreht auch sie sich weg von ihm, mit dem Erfolg, dass sie ihren Teil der Bettdecke einbüßen muss, was sie aber nicht weiter bemerkt.


    Sicherlich fand er sie und ihre Anwandlungen auf die Dauer ermüdend - sein Leben war schon aufregend genug.

  • Als er bemerkt, dass Alanis sich unter der Decker hervor dreht, nimmt er den Stoff und deckt damit die Priesterin zu. Das passiert in Ruhe und mit Bedacht. Danach legt er sich wieder etwas abseit der Priesterin hin und schließt die Augen.