Die Kathedrale des Lichts

  • Lesco blickte sich nicht nocheinmal um und verschwand zurück durch den Eingang und eilte durch die Straßen nach Kephram.

    Kannst du siegen durch deinen Tod, dann stirb.
    Kannst du siegen durch Leben, dann lebe.
    Lasst dir nur Eines sagen: Ist deine Zeit zu Ende zählen nur deine Siege.
    ~Ausschnitt aus dem Dogma Kalzagarn's

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  • Die Glocken erschallten das zweite Mal über die Dächer des morgendlichen Proudmoores. Der sich einstellende Winter schickte eiskalte dunstige Schwaden, die alles in ein trostloses Grau tauchten aber es schneite noch nicht und so waren Straßenpflaster, Häuserwände und Dachschindeln trostlose durchweichte Boten baldigen Frostes.


    Dennoch war die Kathedrale wie jeden Tag kurz vor der Andacht in ein sanftes strahlendes Licht getaucht, das neben dem verregneten Tag auch das Grau vertrieb. Viele Kerzen brannten in Laternen unterschiedlicher Größe, welche die riesige Eingangstreppe zum Hauptschiff schmückten und regenschwere Banner hingen an den Fah-nenmästen des Platzes und auf den Turmspitzen.


    Die Sonne war nirgendwo zu sehen, auch wenn der Morgen langsam graute und so nahm der trübe Himmel hin, gegen den sanften Schein unzähliger Kerzen und den einladenden warmen Schimmer, der durch die geöffneten Flügeltüren der Kirche nach draußen strahlte, verloren zu haben.


    Manche eilig andere gemächlich kamen aus allen Straßen auf den Platz und strebten in Richtung der Kathedrale. Noch einmal würden die Glocken läuten, dann schlossen sich die Türen und die Orden des Lukranis würden mit ihrer Andacht beginnen.

  • Die Nacht war unruhig gewesen, genau, wie sie erwartet hatte.


    Sie fand weder Ruhe noch Schlaf, die Sorge um ihren Bruder ließ es einfach nicht zu, so war sie übermüdet und früher als üblich in die Kathedrale geeilt um in dem dort herrschenden Licht etwas inneren Frieden zu finden und hatte angeboten bei den Vorbereitungen für die Andacht zu helfen.


    Etwas zu tun zu haben war ihr in dem Moment einfach ein Bedürfnis gewesen. Da zu sitzen und zu warten hielt sie heute noch weniger aus, da sie dies an normalen Tagen schon nicht besonders gut konnte!

    „Zweifel, die Du hegst sind nicht allein deine Angelegenheiten, denn an deinen Zweifeln können Heere zerbrechen, Helden sterben und Träume vergehen.“

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  • Auch Lescos nacht war nicht besser. Er war ins elterliche Gasthaus zurück gekehrt und hatte noch lange mit seiner Familie gesprochen. Es gab schließlich viel nachzuarbeiten, auch wenn er noch immer nicht über alles sprach.


    Die Nacht war unruhig und geprägt von schlechten Träumen, sodass Lesco vor Sonnenaufgang beschloss, dass es Zeit wäre auf zu stehen. Lesco verbrachte die verbleibende Zeit mit Schattenboxen, um sich anschließend frisch zu machen.


    Erst kurz vor Andachtsbeginn machte sich Lesco auf den Weg, um wahrscheinlich als letzter die Kathedrale zu betreten und sich im hinteren Bereich seinen Platz zu suchen.

    Kannst du siegen durch deinen Tod, dann stirb.
    Kannst du siegen durch Leben, dann lebe.
    Lasst dir nur Eines sagen: Ist deine Zeit zu Ende zählen nur deine Siege.
    ~Ausschnitt aus dem Dogma Kalzagarn's

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  • Als ihre Ordensbrüder und ~schwestern eintrafen stellte sie sich zu ihnen. Zwar wollte sie einerseits Wissen, ob ihr Bruder da sein würde, andererseits wollte sie jedoch nicht sehen, wie er der Andacht fern blieb.


    Innerlich unruhig und zerrissen versuchte sie nichts von alle dem nach Außen zu zeigen. Die Athmosphäre der Kathedrale half ein wenig - linderte die Anspannung - und doch vertrieb selbst ihr Licht die Sorgen nicht ganz aus Medina's Herz.

    „Zweifel, die Du hegst sind nicht allein deine Angelegenheiten, denn an deinen Zweifeln können Heere zerbrechen, Helden sterben und Träume vergehen.“

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  • Jeder, der in die Kathedrale getreten war und sich dort unterhielt, tat dies zurückhaltend und gedämpft, was jedoch nicht dazu führte, dass es hier im Beisein Gottes stille wurde, sondern das die Vielzahl unterschiedlicher Gespräch nur in eine andere dumpfere Tonlage rutschte. Somit wogten tiefe leise Worte wie Wellen umher, tanzten durch die Seitenschiffe und erfüllten den Hauptaltarraum.
    Für die Orden des Steins zu Gislafoth, der Lichtbringer und dem Orden der Träne gab es nahe des Hauptaltars mehrere Sitzplätze, die jedoch vorzugsweise den älteren und gebrechlicheren Ordensmitglieder vorenthalten waren.
    Im Haupt- und hinteren Teil des Schiffes standen die Menschen in dichten Reihen beieinander. So drängten sich neben den Worten auch Gerüche auf, einige wohlriechend nach Parfümen oder Seifen, gerade was den Teil der Leute ausmachte, die aus bessergestellten Kreisen hierher zur Andacht aufgebrochen waren. Bunt gekleidete Adlige und ihre Höflinge, andere jedoch rochen nach der Straße, nach zulange getragener Kleidung, Schweiß und anderen Körpergerüchen. Bei einigen konnte man den Geruch frischer Backwaren oder gebratenem Fleisch und Gemüse ausmachen, womöglich Händler oder Tavernenpersonal, dass nach ihren frühmorgendlichen Vorbereitungen noch einmal um Lukranis Gunst bat.
    Entlang der oberen Etage am Seitenschiff war ebenfalls eine Vielzahl von Menschen zu sehen. Sie hatten mehr Platz, mussten sich nicht so eng, wie die Menschen unten zusammendrängen und mit Sicherheit genoßen sie auch bessere Luft weiter oben.


    Bald betrat der Chor durch eine Seitentüre die Kathedrale und stellte sich in drei Reihen zu je zwölf Männern und Frauen auf. Viele ihrer Gesichter hatte Medina schon gesehen, denn sie waren ebenso wie sie Ordensangehörige und wohnten im Innern der Burg. Andachtsdiener entzündeten mit Gebeten große Lampen und hüllten die Kuppel über dem Altar und dem großen Zeichen von Lukranis in ein weiteres schimmerndes Licht.


    Lesco erreichte die Kathedrale noch vor Schließung der beiden Hauptore aber musste sich mit einem der hinte-ren Plätze nahe des Ausgangs zu Frieden geben. Von vorn waren bald Gerüche und Körperwärme zu verspüren, von hinten zog der kalte Winterwind im Nacken.


    Bekannte Gesichter sahen keine der beiden Geschwister. Hier und dort stach eine Frau aufgrund ihres hübschen Aussehens oder ihrer vorteilhaften Kleidung heraus. Andere fielen durch ihr affektiertes Gehabe oder das eine oder andere fast aufdringlich vereinnahmende Kichern auf.


    Bald erfüllten Wohlgerüche die Kathedrale, man hatte Räucherkraut entzündet und Andachtsdiener schwenkten es als reinigendes Ritual in Altarnähe. Der Chor erhob seine klare vielschichtige Stimme und pries Lukranis in einem herzerreissend schönen Lied und eine in ein strahlend weißes Gewand gekleidete Gestalt, die wie plötzlich vor dem Altar aufgetaucht wirkte hob ihre Arme in Richtung des riesigen von einem Kreis umschloßenen Dreiecks und Augenblicke später war eine solch einnehmend sanfte Wärme und schmeichelndes Licht zu spüren, dass es dem einen oder anderen Tränen in die Augen trieb.

  • Medina ließ sich von den Stimmen des Chores von ihren Sorgen davon tragen, vom Licht und der Wärme einhüllen und durchfluten und hoffte inbrünstig, dass sie dies nicht zum letzten mal erleben würde!

    „Zweifel, die Du hegst sind nicht allein deine Angelegenheiten, denn an deinen Zweifeln können Heere zerbrechen, Helden sterben und Träume vergehen.“

  • Lesco hätte so oder so Vorlieb mit dem hinteren Platz genommen. Hier konnte man schnell weg und hatte nur Wenige im Rücken stehen. weiter Vorne hätte er sich eher unwohl gefühlt und so zog Lesco halt den Stoff im Nacken enger ran, um sich ein wenig vor der Kälte abzuschirmen.


    Die Kräuter überdeckte viele Gerüche und so konnte Lesco das Ganze über sich ergehen lassen. Der Bruder der Ordensschwester war schließlich wegen Medina hier und nicht, um Lukranis zu huldigen.


    Und so kam es, dass sich Lesco nicht von den Tränen mancher anstecken ließ. Trotzdem hatte sich sein Blick an das gleichseitige Dreieck gehaftet und er war nicht in der Lage ihn davon abzuwenden. Ein Schaudern durchfuhr ihn.

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    ~Ausschnitt aus dem Dogma Kalzagarn's

  • Die Morgenandacht dauerte nur etwa eine halbe Stunde, in der die versammelte Gemeinde wie in einem Chor Lobgebete an den Herrn sendete und von ihm einen Segen erbat.


    Letztlich jedoch war es die in weiß gekleidete kleine Frau weit vorn vor derm Hauptaltar, deren silbernes überlanges Haar überall heraustach und deren klare tiefe Worte wie ein heilendes Balsam über die Menge wogte.


    Der Chor stimmte das Schlußlied an und als es verklang dankten die Massen Lukranis für das Geschenk und ehrten die Hohepriesterin als seine Stimme.


    Dann war der Gottesdienst vorüber, die Haupttore öffneten sich und Tageslicht ergoß sich ins warme Innere, ebenso wie ein kalter Hauch. Die Mäntel enger geschnürt, die Umhänge um sich geschlungen verließen die Männer, Frauen und Kinder das Gebäude um ihrem Tagwerk nachzugehen, zurück blieben leere Seitengänge und gewachsenen Nischen und die weiße Frau, weit weg vom Eingang, verschwindend klein vor dem Altar, umringt von hochgewachsenen Wachen in glänzenden Rüstungen. Sie sah den Gehenden regungslos wie eine Statue hinterher.

  • Medina ging ebenfalls zum Hauptportal in der neu genährten Hoffnung ihren Bruder dort zu finden.

    „Zweifel, die Du hegst sind nicht allein deine Angelegenheiten, denn an deinen Zweifeln können Heere zerbrechen, Helden sterben und Träume vergehen.“

  • Die ganze Zeit über hatte Lesco die weiße Dame beobachtet. Von ihren Worten hatte er relativ wenig mitbekommen, aber ihre Aura hatte ihn eingefangen. Und so kam es, dass Lesco erst durch die drängende Menge mitbekommen hatte, dass die Andacht vorbei war.


    Schritt um Schritt kämpfte er sich an den Rand, um die Masse vorbei zu lassen und sah weiter nach vorne. Und genau so fand Medina ihn vor.

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    ~Ausschnitt aus dem Dogma Kalzagarn's

  • Schließlich verließ auch die weiße Dame mitsamt ihres gerüsteten Gefolges die Kathedrale durch eine Pforte im Seitenschiff und es kehrte entgültige Stille in der nun sichtbar leeren Kathedrale ein.


    Links und rechts erwachte tierisches Leben. Amalias kleine Vögel, welche die Flora in den reichlich bewachsenen Nischen bewohnten, begannen jetzt da die Menschen fortwahren mit riskanten Flugmanövern zwischen den Säulengängen und den hohen Decken.

  • Medina hatte ihren Bruder entdeckt und näherte sich ihm leise ein gewaltiger Felsen löste sich für sie auf und ließ sie freier atmen. Als sie seinen Blick bemerkte musste sie lächeln. Doch statt ihn auf die weiße Dame an zu sprechen sagte sie nur:


    Bitte komm mit mir wir müssen zum Pavilion des Frühlings.

    „Zweifel, die Du hegst sind nicht allein deine Angelegenheiten, denn an deinen Zweifeln können Heere zerbrechen, Helden sterben und Träume vergehen.“

  • Als Amalia sich zurück zog blinzelte Lesco kurz und lächelte dann Medina an. Ein Knappes nicken war die einzige weitere Reaktion und so folgte er ihr letztlich hinüber zum Pavillion.

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    ~Ausschnitt aus dem Dogma Kalzagarn's

  • Die Nische, die den Namen trug war schnell zu finden und durch einen Durchgang im Seitengang zu erreichen. Der abgetrennte liebevoll bepflanzte und gepflegte Teil hatte etwa eine Länge von fünf Schritt und war genauso breit.
    Über eine steinerne Treppenstufe erreichte man das mit gusseisernen Zaun eingefasste Becken, dass den ganzen Boden ausmachte und mit Erde aufgeschüttet worden war, um dem dicht wachsenden Gras sowie den zahlreichen frühlingshaften Büschen und sogar dem einen oder anderen filigranen Baum Lebensraum zu bieten.


    Vor einem der Bäume, welcher weit hinten in eine der Ecken gepflanzt war stand ein filigraner Altar mit einem sanft in grün schimmernden Stein, der so groß wie ein menschlicher Kopf war und wirkte, als sei er schon einmal geschmolzen und dann in sanften Spiralen wieder gehärtet worden. Gut möglich, dass er Lukranis Mutter, der Erdgöttin Tasmia geweiht war.


    Ihm gegenüber war ein kleiner Kreis aus steinernen Schemeln, die vor einer Bank standen, welche sich wiederum an den zweiten Baum schmiegte. Dort saß der Bewahrer Tachelos, gehüllt in seine Kutte und die Kapuze weit über den Kopf gezogen, so dass man weder seine Augen noch sein vernarbtes Gesicht sehen konnte.

  • Medina trat näher zu dem sitzenden Mann außerhalb des Steinkreises machte sie einen leichten Knicks verbunden mit einer entsprechend tiefen Verbeugung, die ihren Respekt vor dem Mann ausdruck verlieh, dem sie sich näherte.


    Lukranis Licht mit euch, Bewahrer Tacherlos von Hohenstein.

    „Zweifel, die Du hegst sind nicht allein deine Angelegenheiten, denn an deinen Zweifeln können Heere zerbrechen, Helden sterben und Träume vergehen.“

  • "Und sein Segen mit euch Novizin," erwiderte der Mann ruhig, denn er hatte Medina erwartet. Sein Kopf hob sich und er blickte von der angehenden Priesterin zu ihrem Begleiter hinüber, während seine Hand halb verborgen in den weiten Ärmeln seiner Gewandung auf die Steinschemel vor ihm deutete.


    "Setzt euch und findet Ruhe. Wir beginnen, wann immer ihr bereit seid Novizin und euer Bruder ebenso."

  • Medina streifte außerhalb des Steinkreises die schlichten Schuhe ab und betrat den Kreis barfuß - irgendwie schien ihr das richtiger so... und sie hatte gelernt auf ihre Instinkte zu vertrauen.


    auf die gleiche Weise fand sie auch den steinernen Sitzplatz, der sich richtig für sie anfühlte.


    sie setzte sich, berührte vollflächig mit beiden Füßen den Boden, schloss kurz die Augen und atmete die Ruhe und den Frieden dieses Ortes ein und gab so ihrem Bruder Gelegenheit für sich ebenfalls einen Platz zu finden, der ihm zusagte...

    „Zweifel, die Du hegst sind nicht allein deine Angelegenheiten, denn an deinen Zweifeln können Heere zerbrechen, Helden sterben und Träume vergehen.“

  • Als die Beiden zum Pavilion kamen verschränkte Lesco die Arme vor der Brust. Ein Zeichen setzen, um die Unsicherheit zu verbergen. Das half immer. Jawohl! Oder?


    Lesco nickte dem Bewahrer zu, freundlich und distanziert zugleich. "Guten Morgen" Die Worte ware kühl gesprochen, wohl ebenfalls um Nervosität zu überspielen. Medinas bruder nahm sich am Verhalten seiner Schwester kein Beispiel. Die Schuhe auszuziehen verhinderte eine schnelle Flucht und wiedersprach somit dem, was er in 10 Jahren gelernt hatte.


    Seufzend trat er an Medina vorbei, legte kurz seine hand auf ihre Schulter und setzte sich dann wieder hin, wobei die Hände ihre Position vor der Brust erneut einnahmen.

    Kannst du siegen durch deinen Tod, dann stirb.
    Kannst du siegen durch Leben, dann lebe.
    Lasst dir nur Eines sagen: Ist deine Zeit zu Ende zählen nur deine Siege.
    ~Ausschnitt aus dem Dogma Kalzagarn's

  • Der Bewahrer nahm Lescos Gebaren mit stoischer Gelassenheit auf, kommentierte es nicht und verzog auch keine Miene - nicht das man wirklich viel von seinen Zügen gesehen hätte.


    Statt dessen senkte er seine Hände in den Schoß und durch das diffuse Licht konnte man die Narben an seinen Fingern und den Handaußenflächen deutlich sehen. Verheilte Brandverletzungen, die nun unschöne Narben mit sich brachten und seine Zeit brauchten, ehe sie verschwunden waren - so Lukranis es wollte.


    Sein Kopf blieb leicht gehoben und Medina kam nicht umhin zu denken, dass man sie mit zurückhaltender Aufforderung ansah.