Im Hafen von Rendor

  • ... (nach dem Bad)


    Marie musste laut los lachen: "Ach, Dunja! Das wünsche ich mir wiederum auch manchmal - nur anders herum, wenn ich sehe, was Du alles machst!"


    Marie nahm ihre Sachen unter dem Arm und fragte immer noch lachend:


    "Wollen wir rüber in mein Gemach? Dort ist es schön warm, da ich es habe extra heißen lassen."


    Marie ging schon zur Tür und wartete, dass Dunja ebenfalls ihre Sachen aufnahme und ihr folgte. Ihre Hand wartete ruhig auf dem Schlüssel im Schloss.

  • "Klingt gut!"


    Auch Dunja nimmt ihre Sachen und folgt Marie, während sie übermütig vorschlägt,


    "Wie wäre es, wenn wir unsere Plätze einfach eine Weile tauschen würden? Ich übernehme deinen Platz hier und du reist für mich nach Taron & nach Thyngary... wäre das nichts?"

  • Marie sah Dunja völlig verduzt an und musste dann jedoch wieder loslachen; und sagte zu ihr:


    "Ja, klar! Ich darf die Welt sehen und Du Dich hier in meiner kleinen Welt rumschlagen - insbesondere mit meiner Stiefmutter!"


    Dann wurde sie aber wieder ernst: "Nein, so gerne ich mal fliehen möchte und mit Dir tauschen, wäre es nur eine Flucht auf Zeit. Ich muss mich den Herausforderungen stellen und Entscheidungen treffen, so unangenehm das auch werden mag."


    Marie schloss die Tür auf und lugte auf den Flur: "Wir können, der Flur ist menschenleer..." Schnell tapste Marie auf den Flur. Gleich rechts war die Tür zu ihrem Schlafgemach. Sie öffnete die Tür und war froh, dass sie das Zimmer schon beheizen ließ... es war aber auch kalt geworden... vielleicht würde es dieses Jahr schneien. Schnee hatte sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen... In Rendor war es zwar immer bitterkalt, aber es war eine trockene Kälte - Schnee gab es selten und wenn, blieb er nicht lange liegen.


    Marie schmiß sich ein wenig übermütig auf ihr großes Bett, legte sich seitwärts hin, winkelte ihren Arm an, so dass ihr Kopf auf ihrer Hand ruhen konnte und schaute Dunja an, die soeben reinkam und die Tür schloß.

  • "Oh, ich glaube nicht, dass deine Stiefmutter ein großes Problem für mich wäre..."


    Dunja lächelt verschmitz und setzt sich dann zu Marie auf das große Bett,


    "In Dorntal lag im Winter immer Schnee... oft so hoch, dass man besser daheim am warmen Kamin blieb!"

  • Marie nahm einen träumerischen Ausdruck an...


    "Mhm.. als ich noch ein kleines Kind war und meine Mutter noch lebte, da gab es Schnee... wir haben manchmal ganze Nachmittage damit verbracht, draußen Schneeballschlachten zu veranstalten - zusammen mit Flora und deren Mutter. Oder wir haben Engel in den Schnee gezaubert... es war immer richtig kalt.. aber herrlich - besonders, wenn es schneite und man dann gen Himmel schaute... die Schneeflocken haben dann so gekitzelt.


    Wenn wir dann in die Wärme kamen, hat unsere Haut gebrannt. Aber ich habe mich jedes Mal auf einen heißen Tee oder eine heiße Schokolade gefreut."


    Maries Gesichtszüge veränderten sich auf einmal und sie sah traurig aus:


    "Dann den letzten Winter, an dem es so geschneit hatte, wurden meine Mutter und ich sehr krank - viele andere unserer Bekannten auch. Wir hatten hohes Fieber... und meine Mutter war - sie ist dann daran gestorben. Mein Vater war sehr wütend darüber, dass wir uns immer stundenlang im Schnee aufgehalten hatten und uns vergnügten. Er sagte, das war die Ursache für das hohe Fieber. Hätte ich diesen Winter damals nicht meine Mutter beschworen, mit mir draußen zu spielen, vielleicht... Seit jeher habe ich nie wieder im Schnee gespielt oder den Schnee mit anderen Augen gesehen, sofern es denn noch welchen gab... wie gesagt, Schnee ist hier seit langer Zeit nicht mehr gewesen..."

  • "Danke. Es ist schön, dass Du hier bist. Mit Dir kann ich über alles reden, dafür bin ich Dir wirklich dankbar. Flora war sonst immer für mich da - aber je älter sie wird, desto weniger sehe ich sie... ich vermisse sie und hoffe, sie kommt bald wieder zurück. Dann können wir sie mitnehmen zu diesem Aranientreffen."


    Es ertönte im Haus ein Gong - 3 x.


    Marie setzte sich auf und sprang vom Bett.


    "Dunja, wir müssen uns beeilen. Der Gong hat 3 x geschlagen, d.h. in einer halben Stunde wird das Essen serviert!"


    Sie ging zu einer der vielen Truhen und öffnete sie, zog ein elegantes dunkelblaues Abendkleid heraus und zog es sich an. Sie war sehr geübt darin, sich selbst anzukleiden. Selbst die Schnürung hinten im Kleid stellte für Marie keine Probleme dar, schließlich war sie trotz ihres Körperumfangs sehr gelenkig.

  • Dunja nickt zustimmend und holt ein grünes, sehr schlichtes und einfaches Kleid aus ihrem Reisesack, zusätzlich dazu ein passendes weißes Untergewand und schlüpft rasch hinein. Sie neigt auf Reisen eher nicht dazu sich mit aufwendiger Gaderobe zu belasten und hält auch nicht viel davon ihren Stand mit 'passender' Kleidung hervorzuheben. Sie ist, was sie ist und kein noch so großartiges Kleid würde etwas daran ändern... zudem gibt es viel zu viele wichtigere Dinge als gerade Gewänder. Sie grinst vergnügt als sie sich im Spiegel betrachtet und nickt dann zufrieden. Kurz überlegt sie, dann kramt sie noch einmal in ihrem Beutel und holt schließlich ein kleines Holzkästchen hervor, aus dem sie eine Halskette, einen Ring & passende Ohrringe nimmt und gegen ihren einfachen Schmuck austauscht. Mit einem letzten Blick in den Spiegel nickt sie erneut zufrieden und bemerkt dann lachend,


    "Wie bedauerlich, dass deine liebe Stiefmutter von meinem Aufzug gewiss furchtbar enttäuscht sein wird!"


    Ihre Augen glitzern belustigt...

  • Marie rollte mit den Augen.


    "Wie konnte er ausgerechnet sie heiraten? Ich hatte ihn immer für einen sehr klugen Mann gehalten..." Marie schüttelte mit dem Kopf.


    Sie hatte ihre Haare gerade geflochten und hochgesteckt und griff nun nach einer Schmucksschatulle. Sie legte schlichten Perlenschmuck an. Dann schaute sie nur kurz in den Spiegel. Sie hatte eigentlich wenig Lust, gleich am Tisch mit ihrer Stiefmutter zu sitzen und höflich Konversation zu betreiben. Aber das würde wahrscheinlich eine gute Übung sein für ihr zukünftiges Leben.


    Sie hoffte nur, man würde ihr ihre Gefühlsregungen nicht im Gesicht ansehen. Marie war eine schlechte Lügnerin, wollte sie es auch gar nicht erst... Aber um ihres Vaters Willen wollte sie versuchen, mit der Stiefmutter auszukommen, auch wenn diese es anscheinend nicht vor hatte.


    Marie seufzte noch einmal auf und legte ein Lächeln auf.


    "Ich wäre so weit, wollen wir?"

  • "Und ich dachte immer, das würde sich ausschließen...!"


    lachend flicht sie ihre Haare zu einem einfachen Zopf und nickt dann,


    "Ja, wir können! Vorausgesetzt, ich kann deinem Vater so unter die Augen treten!"


    Dunja dreht sich vor Marie einmal um sich selbst und muß dabei lächeln. Mit der jungen Frau würde sie es nicht aufnehmen können... und mit deren Stiefmutter wahrscheinlich schon dreimal nicht, aber sie hofft, dass sie ihrer Freundin trotz ihrer einfachen Kleidung keine Schande machen würde...

  • "Ich glaube, selbst wenn mein Vater meinen würde, Du wärest die erste Adlige, die ihm begegnet ist, die sich nicht wie eine kleidet, würde er es sich nicht anmerken lassen und Dich trotzdem wie eine König behandeln," scherzte Marie.


    "Und für mich bist Du so schön, wie Du bist - auch ohne diesen ganzen Firlefanz! Also, auf in die Schlacht!" Marie hakte sich bei Dunja ein und beide verließen gemeinsam das Gemach von Marie, gingen die Treppe hinunter.


    Fanny begegnete den beiden gerade in Flur: "Marie, verehrte Lady Dunja! Darf ich Euch - ähm Sie - bitten, im Wintergarten Platz zu nehmen. Wir haben dort aufgetischt."


    Marie freute sich, im Wintergarten zu speisen, liebte sie diesen Ort doch sehr. "Danke, Fanny!"


    So öffnete Marie die Tür zum Salon, wo ihr Vater und ihre Stiefmutter bereits auf sie warteten.

  • Für einen Moment spürt Dunja eine, für sie äußerst ungewohnte, Spur Nervosität angesichts der de Moribas, doch dann folgt sie Marie hoch erhobenen Hauptes und mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. Wie hatte diese gesagt, 'Auf in den Kampf'...

  • Michael stand am wärmende Kamin mit einem Glas Whiskey in der Hand und schaute gedankenverloren ins Feuer, während seine Frau auf einem Sofa saß und sich einer Handarbeit widmete.


    Als er hörte, wie die Tür sich öffnete, drehte er sich um. Da stand sie, seine Tochter und Lady Dunja:


    "Verehrte Lady Dunja - Marie! Wie bezaubernd beide aussehen, necht wahr, meine Liebe!?"


    Frau de Moriba stand auf und erwiderte: "Natürlich, mein lieber... natürlich."


    Michael ging auf die beiden Damen zu und verbeugte sich.


    "Wunderbar. Dann kann ja serviert werden. Was für ein Glück ich doch heute habe mit drei wundervoll aussehenden Damen speisen zu dürfen. Da muss ich mich ja wie der Hahn im Korb fühlen!" Er lachte herzhaft und bot Dunja und Marie jeweils seinen Arm an.

  • Marie stupste Dunja schnell in die Seite, als ihr Vater sich zu seiner Gattin kurz umgedreht hatte und zwinkerte ihr zu...


    "Danke für das Kompliment, Vater. Ihr seht aber auch ganz bezaubernd aus, Stiefmama..."


    Marie hatte sich vorgenommen, ganz höflich zu ihr zu sein. Sollte sie noch nicht wissen, was sie von ihr wusste...

  • Dunja erwidert rasch Maries Zwinkern und nimmt dann mit einem dankbaren Nicken den ihr angebotenen Arm,


    "Ihr seid zu liebenswürdig, Herr de Moriba!"


    Sie schaut ihn mit einem strahlenden Lächeln an und wendet sich dann Maries Stiefmutter zu,


    "Werte Madame de Moriba, ich möchte Euch noch einmal für Eure überaus freundliche Gastfreundschaft danken!"


    Gegenüber der Dame des Hauses verneigt sie sich leicht...

    Wer nicht stirbt, bevor er stirbt, der verdirbt, wenn er stirbt. (Jacob Böhme)

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  • Alle gingen in den Wintergarten, der ganz zauberhaft in Kerzenlicht getaucht war. Es war ziemlich ruhig geworden, da die Vögel größtenteils schliefen und sich zurückgezogen hatten.


    Hier war es Dank einiger Wärmequellen angenehm war.


    Die Tafel war elegant gedeckt mit edlem Porzelan und Bleikristallgläsern. Güldene Kerzenleuchter standen auf dem Tisch und frische Blumen.


    Der Herr des Hauses rückte jeder Dame den Stuhl zurecht - erst dem Gast, dann seiner Frau und dann Marie.


    Dann betätigte er eine kleine Tischglocke und Fanny und zwei Mägde kamen herein und brachten eine Suppenterrine, geschnittenes Brot und Gewürze sowie Getränke.

  • Dunja nimmt lächelnd Platz, läßt ihren Blick unauffällig über den Tisch und dann ganz ungeniert durch den Wintergarten wandern. An Maries Vater gewandt, bemerkt sie entzückt,


    "Welch bezaubernder Raum! Mitten im Winter vermittelt er das Gefühl eines lauen Sommerabends im Garten!"


    Ihr ist anzusehen, dass ihr der Wintergarten ausnehmen gut gefällt...

  • Michael de Moriba freute sich ob des Kompliments.


    "Ich habe es für meine Frau - äh - erste Frau - errichten lassen."


    Er schaute entschuldigend zu seiner Gattin.


    "mhmmm.. das riecht aber köstlich. Hummercremesuppe... die ess ich besonders gern! Ich wünsche einen guten Appetit."

  • Das hatte Marie gewusst und deswegen die Suppe geordert gehabt. Ihr Vater hatte immer gewisse kleine Rituale, wenn er nach Hause kam. Unter anderem war es mittlerweile eine Tradition, dass ihm am ersten Abend seiner Heimkehr diese Suppe serviert wurde. Wahrscheinlich mochte er sie so gerne, da Maries Mutter ihm diese immer nach einem alten Familenrezept zubereitet hatte. Marie hatte vor einigen Jahren ein altes Kochbuch ihrer Mutter gefunden - unter anderem auch dieses Rezept mit der Anmerkung "Leibspeise Michael".


    Und so hatte sie versucht, diese Tradition weiterzuführen, dass ihm diese Suppe als "Willkommen-Daheim-Geste" serviert wurde.


    Marie fühlte sich beobachtet beim Speisen. Ihr gegenüber saß ihre Stiefmutter - ungewöhnlich still.

  • Mit einem dankenden Nicken erwidert Dunja den Wunsch ihres Gastgebers und wendet sich dann mit einem freundlichen Lächeln an Maries Stiefmutter,


    "Mein Kompliment für Eure hinreißende Robe, Madame!"


    In ihrer Stimme liegt Anerkennung und nur Marie, die weiß, wie wenig sich Dunja aus Kleidern macht, fällt auf, dass diese Bemerkung genauso gut das Wetter zum Inhalt haben können...