In den Gassen von Kephram_01

  • Zähflüssiger Nebel zieht durch den Schmutz, lässt das Getrappel von Ratten dumpfer erscheinen. Zwei rote Augen glimmen körperlos im Nirgendwo auf und verschwinden ungesehen an einer anderen Stelle.


    Eine kleine schwarze Katze bahnt sich ihren Weg mit unbesiegbarer Gelassenheit über morsche und schimmlig feuchte Kisten, ehe sie ihren Schwanz einrollt und sich in königlicher Manier auf einem Balkonsims niederlässt.


    Weit oben über Strassenschluchten aber auf eine gewisse Szenerie fixiert, wandern zwei Hände über den brüchigen Randstein des Daches, suchen Halt und verharren dann. Der leicht nach vorn gebeugte Oberkörper und die hockende Position erinnern an einen Gargoyle, dessen wachsamer aber unter einer Kapuze verborgener Blick über die dunkle Seitengasse wandert.


    Am anderen Ende der Straße, jedoch in Bodennähe hat sich eine weitere Gestalt fast lässig an eine Hauswand gelehnt. Sie trägt weder eine Maske noch eine Kapuze, hat ihren Platz dennoch so gewählt, dass der trübe und entfernt weilende Fackelschein nicht mehr hergibt, als unwirkliche Konturen. Kein Geräusch hat ihre Ankunft verraten, noch ihr Verharren.

  • Thalion legt seinen Kopf schief.


    "Da du in Daynon bist, nehme ich an, das Schiff kam zu spät im Hafen an. Oder hat dich auf dem Weg von dort hierher etwas aufgehalten? Jedenfalls musst du schon seit mindestens drei Monden hier sein.
    Tatsächlich hätte ich mich morgen nach dir erkundigen wollen bei den Schreibern. Du hast dich bestimmt bei denen gemeldet, nachdem du hier gewesen bist."


    Thalion sieht kurz zum Himmel, du Dunkelheit schiebt sich in Schüben über die Stadt.


    "Lass uns doch am besten Kephram verlassen. Ich habe ein Quartier in der Ordensburg uind es gibt gleich etwas zu essen.
    Wo haben die Gehörnten dich denn untergebracht?"


    Thalion sieht noch einmal grübelnd ins Leere und sieht dann Alanis in die Augen.


    "Dabei fällt mir ein ... was treibt dich nach Kephram? Außerdem wirkst du recht angespannt. Ist alles in Ordnung?"

  • Alanis hörte sich die Flut von Worten schweigend an, doch ein Teil ihres Bewußtseins war nicht dem Freiritter gewidmet, sondern ihrer Umgebung. Mit jeder Minute wurde es dunkler und eisiger Wind zog durch die Gassen. Sie war sich nicht sicher, ob sie beobachtet wurden, es war vielmehr ein Gefühl in ihrem Nacken, das sich direkt in ihre Magengrube fortsetzte.


    "Alles in Ordnung", bestätigte sie dann mit einem ernsten Nicken und überging damit bewußt fast alle anderen Fragen, die er gestellt hatte. "Wir sollten wirklich gehen."


    Sie wandte sich abrupt zum Gehen und fast schien es so, als würde sie ohne ihn fort wollen, doch dann war ein Zögern in ihrem Schritt zu sehen und sie sah sich nach ihm um, während ihre weißen Hände die Kapuze wieder über ihren Kopf schoben.

  • Verwundert blieb Thalion zuerst stehen und runzelte die Stirn. Das Verhalten passte so gar nicht zu seiner guten Bekannten. Dann setzte auch er sich in Bewegung. Er war wohl einfach schon zu lange auf Reisen, um auf solche Verhaltensänderungen nicht aufmerksam zu werden.
    Jetzt fragte er sich, was dahinter steckte. Sie waren immer noch in Daynon. War das auch wirklich Alanis? Kazhura ist die Meisterin der Täuschung und auch Formwandlern ist er schon begegnet, welche das Aussehen von Freunden angenommen haben. Letzteres schloss er erstmal aus. Alles andere wäre ein großes "Kann" und kein sicheres "Muss".


    "Was hälst du davon ... wir gehen zusammen zur Ordensburg und Essen erstmal etwas in Ruhe. Dort werden auch einige Freunde von uns beiden sein. Du könntest sie wiedersehen und einen schönen Abend haben."


    Auch wenn er es nicht gerne tat, so war diese Einladung mehr als nur eine solche, sie war ein Test.

  • Bei der Erwähnung der Ordensburg verzog die Priesterin das Gesicht.


    "Versteh mich nicht falsch, aber ich glaube ich käme mir komisch vor, bei all den Leuten zu sitzen, die soviel getan haben - und ich nichts."


    Sie wartete, dass er aufschloss und lächelte denn leicht, wenngleich auch ehrlich.


    "Ich habe Alexandre vor ein paar Stunden schon getroffen, er hat mir erzählt, was geschehen ist. Ich bin froh, dass Du die Sache lebend überstanden hast."

  • Thalions linke Augenbraue hob sich kurz. Eine plausible Erklärung. An diese Variante hatte er auch kurz gedacht. Genauso sprach die Alanis, die er kannte.
    Er dachte an einen Abend in der Tanzenden Hexe zurück. Alanis die Magonier und er am selben Tisch. Eine gemütliche Szenerie mit einer fröhlichen Priesterin.


    "Ich kann dich natürlich nicht zwingen, aber ich denke, auch wenn du hier speziell nicht mit uns dabei gewesen bist, hast du schon oft genug gutes getan um nicht ausgeschlossen zu werden."


    Thalion geht leicht nach vorne gebeugt, die Hände hinter seinem Rücken verschränkt.


    "Alexandre ... dann muss das kurz nach der Auflösung des Banners gewesen sein. Viel länger sind wir ja noch gar nicht hier."


    Er macht eine kurze Pause um das Thema zu wechseln. Dann spricht er mit gedämpfter Stimme weiter.


    "Mir ist aufgefallen, du hast meine zweite Frage eben nicht beantwortet. Früher wäre mir so etwas bestimmt entgangen. Also, wo bist du untergebracht?"

  • Alanis betrachtete ihn sinnend von der Seite, auch wenn ihr die huschenden Schatten in den Gassen wohl kaum das gesamte Bild offenbaren konnten.


    "Ich wohne in einem kleinen Gasthaus nahe des Kathedrale des Lichts", sagte sie nach einem Moment des Schweigens. "Ich arbeite im Hospital und wollte so lange bleiben, bis Ihr zurück seid. Als Ihr heute auf dem Platz ankamt, kam ich gerade von der Arbeit. Alexandre hat mich bemerkt und ist mir gefolgt."


    Das mit der Nähe zur Kathredrale war eine Übertreibung, aber sie ahnte, dass es ihn beruhigen würde. In der Art und Weise, wie er nachfragte, klang sein Mißtrauen mit und sie konnte es ihm noch nicht mal verübeln.


    Sie wußte nicht, was die Schatten waren, die sich ihrer bemächtigt hatten. Aber sie ahnte, dass es Thalion nicht guttun würde.

  • Thalion sieht sie an, während er weiter geht.


    "Das heißt, wir haben den gleichen Weg. Schließlich steht die Ordensburg direkt neben der Kathedrale. Das Gasthaus kann also nicht weit entfernt von dort sein. Du hast also noch Zeit, es dir mit dem Abendessen zu überlegen.", lächelt er sie an.


    Gleich darauf sieht man ihm wieder an, dass er etwas stutzig wird.


    "Du hast uns also gesehen auf dem Platz ... wieso bist du nach der Ansprache nicht zu uns gekommen? Alle hätten sich gefreut dich zu sehen."


    Das karge Licht der Gassen lässt ihn die Augen etwas zusammen kneifen um besser zu sehen. Außerdem scheint sich langsam etwas Nebel in die Stadt zu schieben. Die Feuchtkalte Luft schleicht sich langsam in Thalions Kleidung und kurz fröstelt es ihn.


    "Du hast deinen Kleidungstil verändert. Ein wenig trist im Gegensatz zu früher."

  • Nun musste Alanis wirklich kurz lächeln, wenngleich die Regung ein wenig abwesend wirken mochte.


    "Und dem neuen König seinen Auftitt klauen? Ich glaube nicht." Sie schüttelte den Kopf und ihre Kapuze rutschte wieder ein Stück zurück. "Nein. Ihr habt soviel gegeben, das war Euer Moment. Hin und wieder muss man sich auch so einen Moment gönnen, Sir Thalion."


    Dann wandte sie sich um zu und ließ den Blick über seine Gestalt wandern.


    "Du hast deinen Kleidungstil auch verändert. Ein wenig trist im Gegensatz zu früher."


    Ein wenig sanfter Spott klang in diesen Worten mit.

  • "Gut gekontert." Thalion grinst sie an.


    "Ich hatte hier etwas zu erledigen und dachte, nach allem was ich von Kephram gehört habe, sollte ich nicht unbedingt mit einem blauweißen Wappenrock und schwerer Rüstung durch die engen Gassen gehen. Vielleicht wäre ich sonst in einer engen Gasse stecken geblieben."


    Thalion überlegt kurz und er ist sich nun sicher, Alanis vor sich zu haben. Dennoch ist etwas merkwürdig. Er beschließt das Misstrauen abzulegen, spricht zu Alanis aber dennoch leise.


    "Auf dem Weg zurück ist uns leider etwas gestohlen worden. Eine Kette mit einem Ring daran, nicht sehr wertvoll was das Material angeht, aber sie hat einen hohen Ideellen Wert. Sie hat dem toten Reichsmarschall Telbreck gehört und wir hatten sie auf der Expedition dabei. Ich hoffe, sie wiederzubekommen im tausch für ein paar Münzen.
    Hattest du hier auch etwas zu erledigen?"

  • "Ich glauben Steckenbleiben wäre das harmlosteste, was Dir hätte passieren können", gab Alanis sinnend zurück und wich einigen Bettlern aus, die sich in der Gosse versammelt hatten und mit gichtigen Fingern nach ihrem Rocksaum griffen. Sie hatte kein Geld bei sich, was sie den Männern hätte geben können. Das, was Alexandre ihr zugesteckt hatte, ruhte unter einer Bodendiele in der kleinen Dachkammer, in der sie lebte. "Ich komme öfters hierher, wenn ich nicht gerade arbeite. Es - schärft den Blick."

  • Thalion kramte in einer seiner Gürteltaschen und holte einige Kupfermünzen heraus und gab jedem Bettler zwei davon.
    *Das Elend ist hier noch greifbarer.*, dachte er.


    Auf Alanis Kommentar hin, dachte er kurz nach. Er hatte mittlerweile Übung darin, die Botschaft hinter den gesprochenen Worten zu hören.


    "Das hört sich an, als hättest du schlechte Erfahrung gemacht Alanis."


    Einige Schritte gingen sie noch weiter, dann legte Thalion seine Hand nur kurz auf Alanis Schulter um ihrer Aufmerksamkeit sicher zu sein.


    "Du hast dich irgendwie verändert. Möchtest du darüber sprechen?"


    Er dachte an das Gespräch mit der Kerze, damals in Amonlonde.

  • Sei nicht so verdammt schwach...du wimmerst aus allen Poren...


    ...
    ...
    ...


    Die Schatten wandern mit den Beiden nur ein paar Meter über ihnen und doch unendlich weit... nun.. zumindest von einem der beiden Spaziergänger unten unendlich weit entfernt.... Auch die Katze folgte und tänzelt auf dem feuchten Plastersteinen umher.


    Aus dem Mann, der in einiger Entfernung, nicht mehr als eine schummrige Kontur im Nebel ausmachte, waren inzwischen zwei geworden. Auch sie folgten den Beiden weiter, ohne ihnen jedoch wirklich näher gekommen zu sein.


    In weiter Ferne konnten Alanis und Thalion sogar ein leises Lied vernehmen, gesungen von einer dunkel angehauchten weiblichen Stimme... sie echauffierte einem gehaltvollen Flüstern gleich durch die verdreckten Gassen.


    ...Ich hab heut Nacht vom Tod geträumt
    er stand auf allen Wegen, er winkte und er rief nach mir so laut...


    Ganz leise, weit entfernt, streift eine Klinge, vielleicht auch mehrere kleine die schroffe Häuserwand aus Stein und hinterließ ein spitzes unangenehmes Geräusch, dass ebenso wie die Melodie nachhallte.


    ...Er sprach mein Leben sei verwirkt
    ich sollt mich zu ihm legen, ein frühes Grab sei längst für mich gebaut...

  • Thalion bekommt einen Schreck und fällt bei Alanis schroffer Antwort einen Schritt zurück, holt dann aber schnell wieder zu ihr auf. Er sagt erstmal nichts mehr.


    Alanis Art und die Umgebung lassen seinen Geist wach werden. Er betrachtet sich die Umgebung und bemerkt die Konturen der Personen im Nebel. Aus Gewohnheit legt er seine linke Hand auf den Griff seines Schwertes. Er bleibt weiter wachsam.


    "Jetzt wo wir wieder in Proudmoore sind, wirst du Daynon wieder verlassen?"

  • In Alanis Nacken stellten sich derweil die Haare auf, als sie Thalions Geste aus dem Augenwinkel sah. Sie wußte, dass er ihre Verfolger bemerkt hatte und die Konzentration darauf erlaubte es ihr, den Schauer abzustreifen, den die Worte - in ihrem Kopf? - in ihr ausgelöst hatten. Zumindest kurzfristig.


    "Ja, mich hält hier nichts mehr", bestätigte sie mit einem Nicken. "Es ist mal wieder Zeit, mir die weite Welt anzusehen."


    Und das, was Schatten war, von all den Menschen und Plätzen, die ihr vertraut waren, fernzuhalten.

  • Die Katze hatte die beiden immer mal wieder verharrenden Spaziergänger in der Gasse bereits überholt und sprang leicht versetzt vor ihnen und zur Kreuzung der nächst breiteren Straße auf einen Stapel modernden Holzes, den irgendwann einmal vor langer Zeit jemand mit der festen Absicht einen Kamin zu betreiben dort aufgebahrt hatte.


    ich floh soweit das Land mich trug
    soweit die Vogel fliegen


    Sie richtet sich auf und ihr tiefschwarzes Fell stellt sich einem Kamm gleich auf Wirbelsäule und Hinterkopf auf. Die schön geschwungenen Ohren richten sich windschnittig nach hinten und ihre Pupillen erweitern sich. Ein sicheres Anzeichen dafür, dass sie vor etwas Angst hat oder angespannt und zum Angriff ausholend lauert.


    doch mir zur Seite spürte ich den Tod
    sein Schatten folgte meiner Spur


    Hinter Alanis und Thalion und mitnichten unbeabsichtigt hört man das Geräusch eines auf dem Boden aufschlagenden Körpers. Als er hochkommt, verborgen in Kapuze und Mantel... ist er nicht allein. Schatten an den Wänden verraten sich... vier vielleicht noch mehr... lautlos.


    ich sah ihn bei mir liegen
    und seine Hande waren blutig rot.

    Pink fluffy unicorns dancing on the rainbow..dummidudidummm

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  • Thalion ist nun sehr still geworden. Das Lied welches er in der Ferne hört und die gefährlichen Geräusche lassen ihn die Muskeln anspannen. Das Adrenalin in seinem Blut tut sein übriges. Seine rechte Hand greift kurz an die Stelle unter seinem Hals, wo verborgen unter der Kleidung das Amulett Vashankas hängt.
    Sein Schritt wird nicht langsamer, im Gegenteil.


    "Ich darf annehmen, dass man hier Nachts nicht leicht Freunde findet."


    Er sieht Alanis an, während sie nicht mehr stehen bleiben.

  • "Eher das Gegenteil", klang es von der Priesterin zurück und Entschlossenheit klang in ihrer Stimme. Ihr Dolch glitt aus der Scheide und wurde in ihrer rechten Hand zwischen Handfläche, Arm und Ärmel verborgen. Ihre Rechte legte sich auf's Herz und sie begann leise um ihren Schutz zu beten. Alles in ihr schrie nach einem Kampf, in dem sie den Beweis erbringen konnte, dass sie nicht schwach war.

  • Thalion sucht die Umgebung mit flinken Blicken ab. Müsste hier nicht bald einen Gasse kommen, die aus Kephram heraus führt? Im Nebel und den verwirrenden Gassen scheint sein Orientierungssinn ihn etwas zu verlassen.
    Er zieht seine Kapuze von der Gugel herunter um besser Sehen zu können.


    Das Alanis sich Kampfbereit macht, ist ihm nicht entgangen.


    "Falls es tatsächlich zu einem Kampf kommt, halte ich sie auf. Du rennst zur Ordensburg."


    Sie kann ihm ansehen, dass er darüber nicht diskutieren wird.