Die Taverne "Zum Zaunkönig" (9)

  • Alanis Finger tanzten kurz liebevoll über Moclins Schnauze, dann wandte sie sich wieder Kassandra zu.


    "Seit Khai Thee Hochgeweihter ist, verbringt er die meiste Zeit damit, zu meditieren und danach zu streben, mit den Elementen eins zu sein. El geht inzwischen auch in diese Richtung - es ist, als würden sie das normale Leben hinter sich lassen. Und das verunsichert mich."

  • "Tja, da fragst Du mich was." Alanis Stirn legte sich in grüberische Falten. Der Themenwechsel kam ihr ganz gelegen. "Also wenn ich das richtig verstanden habe, ist das der Samen für einen elbischen Mutterbaum, oder? Kennst Du ein Elbenvolk, das so etwas braucht?"

  • "Für einen Lebensbaum", antwortet Kassandra und nickt.
    "Ja. Mehrere. Aber weder in Daynon noch in Teranbar will ich sowas pflanzen." Von Hîthundor mal ganz zu schweigen, dahin brächten sie keine zehn Dämonenrösser.
    "Ich... hab auch irgendwie Probleme mit der Überlegung: 'wer braucht den Baum am meisten'. Ich würde mich lieber fragen: 'was braucht der Baum?'
    Weißt du... Arkana hat einen der Samen gepflanzt weil sie seine Blätter für einen Heiltrank brauchte... Sowas will ich für Tears Samen nicht."

    Das Problem ist nicht der Druck! Das Problem sind die Apachen!!

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  • Alanis wiegte den Kopf hin und her und quittierte dann den Nachsatz über Arkana mit einem fassungslosen Kopfschütteln.


    "Naja, vielleicht wären kriegsgeschüttelte Länder genau das Richtige für so einen Baum. Eine Perle in der Waagschale des Lebens, die alles zum Guten wendet?", überlegte die Geweihte und trommelte nachdenklich mit den Fingern auf der Armlehne herum. "Und ich schätze die Elben wissen, was so ein Baum braucht, da müssen wir Menschen uns nicht soviele Gedanken machen."

  • "Wenn Elben rücksichtsloser sind als Menschen, dann werden sie ihn zu beschützen wissen, wenn sie ihn annehmen. Und wer weiß, welche Kräfte so ein Baum entfesseln kann", spielte Alanis den Ball zurück. "Anbieten könnte man ihn ja."

  • "Nicht unbedingt den Elben, mit denen sich Tear angelegt hat. Aber es gibt ja in Daynon noch andere Elbenvölker. Wobei es zu klären gälte, wie die politische Situation gerade aussieht." Sie schauderte kurz und fuhr sich mit der Hand über den Unterarm, um die Gänsehaut zu vertreiben. "Was ist mit Teranbar. Wie ist da die Lage?"

  • "Undurchsichtig", antwortet Kassandra. "Silia versucht mich so gut es geht da raus zu halten, aber sie verbringt Monate am Stück damit dort Ordnung zu schaffen. Im Moment unterrichtet mich Andraith..."
    Doch je länger sie darüber nachdenkt desto klarer wird ihr, daß sie ihrer Meisterin den Samen geben würde. Ihr traut sie zu, damit kein Unheil anzurichten.

  • "Hmpf", machte Alanis unbegeistert. "Aber immerhin kennst Du mit Silia eine vertrauenswürdige Elbin gut. Meine Liste der vertrauenswürdigen Elben ist nach Tear, Mordenkainen und Seloras nicht so wirklich lang."

  • "Meine Liste war mal länger."
    Gedankenverloren nippt Kassandra an ihrem Port. Das Glas nähert sich schon wieder seinem Ende.
    Würde sie Aglarien den Stein geben? Ferûn? Arcoron? Vermutlich, wenn sie kämen und ihn verlangten.
    "Was mich davon abhält sofort zu einem von ihnen zu laufen ist, daß Tear ihn mir dagelassen hat. Nicht einem ihrer elbischen Gefährten..."

  • "Du weißt allerdings auch, dass Tear sehr oft sehr intuitiv gehandelt hat. Bloß weil einen der Instinkt in einem Moment zu einem Menschen zieht, heißt das nicht, dass ein Anderer nicht auch fähig und würdig ist", gab Alanis zu bedenken.

  • "Vielleicht kommt sie zurück. Aber Du weißt nicht, in welchem Zustand sie sein wird. Wenn sie geglaubt hätte, dass ihr keine Gefahr droht, dann hätte sie den Samen mitgenommen."


    Alanis faltete in einer sehr langsamen und bedachten Geste die Hände im Schoß, als sie merkte, dass ihr das Geklapper der eigenen Fingernägel auf der Stuhllehne an die Nerven ging.


    "Außerdem wird sie nicht vergessen haben, dass Du sterblich bist. Wer einem Menschen so ein Geschenk gibt, wird davon ausgehen, dass die Entscheidung in einer menschlichen Lebensspanne - Deiner Lebensspanne - getroffen werden wird. Und innerhalb dieser Spanne dann wieder in einem Zeitraum, in dem Du handlungsfähig bist."

  • "So ein Ding würde sie doch niemals einem Welpen überlassen", lächelte Alanis altklug. "Ich bin sicher, der Samen war für Dich. Du bist eine Mutter. Wer könnte bessere und verantwortungsvollere Entscheidungen treffen als Du?"

  • Kassandra lächelt schwach.
    "Endu ist älter als ich", gibt sie, nur um des Argumentes willen zu bedenken.
    "Nein, ich weiß daß sie ihn mir überlassen hat", stimmt sie Alanis dann zu.
    Ob Endu ihn an sich genommen hätte wenn er ihn vor ihr gefunden hätte? Mit dem Brief? Nein, wahrscheinlich nicht, muß sie, gerechterweise zugeben.
    "Vielleicht lege ich elbische Maßstäbe an und überlege noch ein paar Jahre was ich damit tue..."