Das Südtor von Renascân

  • Über ihm auf dem Wehrgang taucht ein eindeutiges weibliches Gesicht auf und tippt sich grüßend an die Krempe ihres Eisenhutes.


    "Die Fünfe zum Gruße, Mann vor dem Tor." gibt sie leicht zynisch zurück.


    "Was ist Euer Begehr?"


    Das Tor ist flankiert von zwei Wehrtürmen mit einem überdachten Wehrgang, der beide verbindet. Durch das Tor an sich passt leicht ein Pferdegespann, wenn man denn beide Flügel öffnet. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit nur eine Tür zu öffnen, die wohl für einzelne Fußgänger gedacht ist. In der Tür ist eine Klappe, die aber gerade geschlossen ist.

  • "Einlass in euer schönes Städtchen, wackere Wächterin..." erwiedert der Reisende, ein Lächeln auf den Lippen, seinen Hut im Zuge einer leicht angedeuteten Verbeugung vom Kopf schwingend.


    "... und einen guten Rat wo man in dieser Stadt ein ehrbares Gasthaus mit sauberen Betten und kräftigen Mahlzeiten finden kann."


    Kurz geschorenes blondes Haar ist einen Moment zu erkennen, bevor es wieder unter dem Hut verschwindet. Nun - aus der Nähe - ist die edle Gewandung des Fremden zu erkennen. Auf dem Rücken trägt er neben einem Razen und leichtem Reisegepäck eine Laute, an seiner Seite blitzt die Klinge eines leichten Fechtschwertes auf.

  • "Ein Spielmann?"


    Die Stimme der Gardistin klang erfreut. Sie steckte sich ein Stück Süßholz in den Mundwinkel und mit einem RUMMS landete eine gespannte Armbrust auf der Brüstung neben ihr, die aber weit über Lechdan hinaus in die Landschaft zeigte.


    "Ja schön. Die sind immer gern gesehen." Unten öffnete sich die Klappe der Tür und ein Augenpaar erschien.


    "Henk, mach mal unten auf." tönte die Frau.


    "Ich hoffe Ihr habt nix dagegen, wenn wir noch kurz Euren Ranzen untersuchen. Order von ganz oben." erklärte sie.


    Aus der Tür heraus traten zwei Männer, die sich grüßend an den Eisenhut tippten. Der eine trug ein Schreibbrett bei sich, der andere wollte wohl den Rucksack in Empfang nehmen. Entspannt oben auf der Brüstung stand die Frau, die die Szene neugierig beobachtete.

  • "Weniger ein Spielmann, als ein Mann des Spieles."
    Ein Zwinkern gesellte sich zu dem steten Lächeln auf dem Gesicht des Reisenden
    "Doch wenn Wein und Met die Kehle geschmeidig gemacht haben stimme ich auch gerne mal ein Liedchen an. Und lieber noch, wenn das Antlitz einer holden Dame mir den ein oder anderen Vers auf die Lippen legt."


    Er ließ den Ranzen vom Rücken gleiten "und Gewiss werde ich euch - werten Herren - nicht dabei im Wege stehen eurer Pflicht nachzukommen." und streckte ihn den Herausgetretenen entgegen.
    "Sagt - abgesehen davon, dass ihr das Hab & Gut derer die Eure Stadt bereisen begutachtet - welche Gesetze gelten in euerer Stadt, die dem Fremden unbedingt bekannt sein müssten und sich dem klugen Geist nicht aus Gesundem Menschenversand selbst erschließen? Kurzum: Etwas, was ich unbedingt wissen müsste, bevor ich eure Stadt betrete?"

  • "Soll mir auch recht sein." grinste die Frau von oben. Sein Charme schien bei ihr anzuschlagen.


    Der eine der Gardisten machte sich nun daran, den Rucksack sorgfältig zu durchsuchen. Er nahm alles heraus und beguckte es während der zweite mit seinem Brett daneben stand.


    "Da am Tor sind die Tafeln der Doppelten Fünf angebracht. Die könnt Ihr Euch gleich durchlesen. Äh.. könnt Ihr lesen? Wenn nich, sagen wirs auch auf. Aber eigentlich sollte alles mit normalem Menschenverstand auch so zu befolgen sein. Eigentlich..."


    Der Schreibbrettmann warf Lechdan einen verschwörerischen Blick zu.


    "Aber erst mal.. hier. Ich bräuchte Euren Namen, Eure Herkunft, Stand und was Ihr in Renascân wollt. Habt Ihr Bekannte dort? Familie?"

  • "Lechdan, ist mein Name. Lechdan von Horsen-Rabenmund" sagte der Mann dem Schreiber zugewandt während der andere Gardist einen Weinschlauch und einige Wegrationen aus derm Rücksack hervorzog.
    "Ich bin ein Junker aus dem Königreich Aulen und was ich in dieser Stadt suche ist in erster Linie gute Unterkunft , Mahlzeiten und Entspannung von der langen Reise. Meine Knochen sehnen sich nach einem Bad ebenso wie meine Gewandung. "
    Neben einem Bündel Kleidung kam ein Flachmann, einige Beutel mit Würfeln und Glasperlen sowie mit wirren Linien bemalte Tücher und kleinen Holzstücken zum Vorschein.
    "Und um eurer Frage nicht aus dem Weg zu gehen - ich erwarte niemanden besonderes in Renascân antreffen und weder familiäre noch freundschaftliche Bande führen mich hierher, sondern nur die Steine der Straße."
    Nach einem Satz mit Spielkarten und einem langen reich verziehrten Dolch zog der Gardist ein kleines verkorktes Fläschchen aus dem Ranzen. Zuunterst befand sich eine Schatulle die Schreibzeug, Tintenfässchen und Siegelwachs enthielt, sowie ein Leder gebundenes Buch und eine ebenfalls lederne Mappe mit losen Papieren.
    "Und Ja - werter Herr - ich kann lesen." sagte Lechdan dem Schreiber mit einem leichten Lächeln zugewandt.

  • Während die Gardisten in Seelenruhe vor sich hin kritzeln und den Inhalt des Rucksackes begutachten wedent sich Lechdan den Tafeln zu...


    ... und schnauft vernehmbar - aber nicht abfällig - aus, als er geendet hat.


    "Sagt - gibt es ein Gesetz, dass es einem Mann von Stand in eurer Stadt verbietet seine Waffe offen zu tragen? Ein Gesetz bezüglich des Glücksspiels? Oder dem Singen und Aufspielen in Tavernen oder an öffentlichen Orten?"

  • Horst, der sich dem Inhalt der Tasche gewidmet hatte, hielt zuerst die Glasperlen hoch und betrachtete sie skeptisch. Dann packte er sie aber wieder ein ohne sie zu beanstanden. Bei dem verkorkten Fläschchen und dem Buch stutzte er kurz und ließ beides erst mal außen vor, während er den Rest wieder einpackte.


    Henk hatte sich derweil zu dem Neuankömmling gesellt.


    "Nein, das nicht. Tragen ist nicht das Problem. Geht nur davon aus, dass man jedes Ziehen der Waffe als Akt der Bedrohung sehen könnte. Wenn Ihr sicher sein wollt über jeden Verdacht erhaben zu sein, dann bindet einfach einen Strick oder sowas so um das Heft, dass es auch den Gürtel umfasst. Dann könnt ihr die Klinge nämlich gar nicht ziehen. Glücksspiel ist in Ordnung, wenn Ihr den Leuten nicht grade mit krummen Dingern ihren letzten Kupfer aus der Tasche zieht. Krumme Dinger sind sowieso verboten. Versteht sich ja von selbst. Und was das Singen und Aufspielen angeht: Nur zu! Gerne! Die Leute werden sich freuen. Wenn Ihr gut seid, so werden die Leute es Euch sicherlich danken. Aber ich sags Euch gleich: Die sind hier verwöhnt, was Barden angeht."


    Er zwinkerte schelmisch, war wohl selbst gespannt auf Lechdans Können.


    "Ah, gut, Horst ist soweit fertig, ja. Noch zwei Fragen: Was sind das für Aufzeichnungen? Kann ich da mal reinsehen? Und was ist in der Flasche?"

  • "Krumme Dinger? Selbstverständlich wiederspricht soetwas nicht nur dem Gesetze sondern vorallem dem Anstand! Und dem Vertrauen auf das Wohlwollen der Götter und des Glücks."
    Er legte die Hand auf den kunstvoll verziehrten Parierkorb seines Fechtschwertes "Und das diese Waffe nicht zur Provokation gezogen wird versteht sich von selbst. Nur musste ich die Erfahrung machen, dass ich mich in so machener Stadt wohler fühlte meine Klinge an meiner Seite zu wissen."
    Die Hand nach dem Fläschen ausstreckend antwortete Lechdan dem Schreiber zugewandt: "Die reinste Essenz der lieblichen Rosenblüte. Es gibt wenig besseres um verpannte Muskeln und Müde Haut zu verwöhnen, oder die Sinne einer schönen Frau zu betören!" wie er leise flüsternd hinzufügte. Er entkorkte vorsichtig das Fläschchen und hielt sie dem Gardisten unter die Nase, sodass der Duft der Wildrose in seine Nase stieg.
    "Und hierin" er wieß auf das Buch während er die Flasche wieder verkorkte "stehen Lieder und Geschichten, Legenden und Sagen. Man lernt vieles wenn man so durch die Lande reist. Und mancher dieser wundervollen Verse ist besser auf Papier gebannt, als im Gedächtnis verstaut wo er vielleicht dereinst unwiederbringlich vergessen werden könnte." Er nam Horst das Büchlein aus der Hand und hielt auch dieses seinem Gesprächspartner entgegen. "Wenn es euch dannach verlangt?"

  • Horst verfolgte nach wie vor auf dem Boden hockend mit den Augen den Stapel Papiere. Dann grinste er und entblößte eine Zahnlücke.


    "Hey, ich kann auch ein Gedicht."


    setzte er an, was Henk eine schockierte Miene aufs Gesicht zauberte.


    "Horst, bitte. Nich'..." sagte der und rollte die Augen. Aber Horst setzte schon an.


    "Allen Gewalten
    zum Trotz sich erhalten,
    nimmer sich beugen,
    kräftig sich zeigen
    rufet die Arme der Götter herbei."


    haspelte er rasch herunter. Wohl auswendig gelernt. Ganz eindeutig auswendig gelernt. Dann strahlte er Lechdan beifallheischend mit schadhaftem Lächeln an. Derweil lehnte Henk das Büchlein mit einem etwas peinlich berührtem Grinsen ab.

  • ... eine kurze Pause der peinlichen Stille trat ein ...


    "Ja ..." Lechdan schluchte und setzte ein übertrieben freundliches Lächeln auf. "ähhh ... für den Anfang ... gar nicht mal so schlecht. Für den Anfang - muss man ja bedenken."
    Er fasste sich und der Ausdruck auf seinem Gesicht wurde wieder natürlicher
    "Nur nicht entmutigen lassen - in jedem steckt eine poetische Ader ... möge sie auch noch so klein sein!" wobei er Letzteres in sein Bärtchen nuschelte während er sich umwandt und seine Habseligkeiten in den Ranzen verstaute, diesen Schulterte, Henk zunickte und in Richtung Tor ging.
    "Sodann die Herrschaften" etwas lauter rufend hinzufügend "und die Dame! Gehabt euch wohl!"
    Er durchschritt die Mannpforte um auf der anderen Seite den ersten geraden Weg in Richtung Stadtmitte einzuschlagen.


    Nach einigen Schritten blieb er stehen und wand sich nocheinmal um: "Nun muss ich aber eines doch beanstanden..." rief er zu der Frau auf dem Wehrgang hinauf. "Ihr seid mir gegenüber im Vorteil, da ihr doch den meinen, ich aber euren Namen nicht kenne!" Er sandte den Worten ein Lächeln hinterher.

  • Horst grinste stolz und warf Henk ein triumphierenden Blick zu. Dieser verzog ein wenig das Gesicht, zuckte mit den Schultern.


    Bevor Lechdan das Tor durchschritt, fragte Henk ihn noch danach, ob er magisch begabt sei und schrieb auch das auf. Dann wünschte er ihm einen schönen Aufenthalt.


    Als der Wanderer noch einmal zurückkehrte, stand die Gardistin am Geländer des Wehrgangs, das in Richtung der Stadt bis auf einen Balken in Hüfthöhe offen war. Die Armbrust hatte sie entspannt und neben ihrem Fuß aufgestützt. Lässig lehnte sie mit den Armen auf der Brüstung und nahm das Süßholz aus dem Mund um Lechdan zu antworten.


    "Mara Bieger." rief sie ihm zu. "Wenn Ihr heute abend im Zaunkönig aufspielt, werde ich da sein."


    "Hey, Mara, bandelst du jetzt schon hier mit den Kerlen an?" kam es feixend von einem vierten Gardisten, den Lechdan noch gar nicht gesehen hatte. Mara kommentierte das nur mit einer entsprechenden Geste in Richtung ihres Kameraden und einem Grinsen.

  • "Wenn mich die Steine eurer Straßen heute Abend in den Zaunkönig führen und kein besser als ich dort zur Laute greift, dann wird es wohl so sein!"
    Lechdan schwenkte noch einmal den Hut vom Kopf und verbeugte sich. Dann wandte er sich um und ging der Straße folgend davon.


    ----> ab, wohin auch immer ihn seine Füße tragen.

  • Narvi kam mit schnellen Schritten am Südtor an. Sie hatte einen Plan gefasst, den es umzusetzen galt, bevor die Hauptblütezeit der Pflanzen einsetzte...dann würde sie ihr Vorhaben besser umsetzen können.


    Sie grüßte die beiden Wachen und schritt weiter...