Endlich hatte sich das üble Wetter einigermaßen verzogen, doch auch trotz des wärmenden Sonnenscheins von oben fühlte sich die Reiserobe der Magierin irgendwie klamm an, irgendwie unangenehm. Wahrscheinlich würde dies noch einige Tage lang der Fall sein, bis der letzte Rest der Feuchtigkeit aus Umhang, Wollstoff und Stiefeln herausgetrocknet war, und sie hatte sich längst daran gewöhnt, dass dergleichen von Zeit zu Zeit nun einmal geschah. Dennoch musste es ihr nicht gefallen. Wenn man bedachte, welch übles Wetter jene Tage im Kampf gegen die Utilisten begleitet hatte, vermochte man leicht zu glauben, dass die technikversessenen Ahnen auch eine Maschine konstruiert haben mochten, um abenteuerhungrige Reisende richtig zu ärgern, aber zu genau wollte Enas von der Quelle über diesen Umstand auch nicht nachdenken. Während sie überlegte, wann ihre Socken wieder trocken sein würden, schritt sie eine der Straßen der Stadt Amonlonde entlang, jetzt wieder von Bürgern belebt, die ihrem Tagewerk nachgingen.
Vielleicht gab es hier auch einen Händler, der ihr trockene Socken würde verkaufen können, überlegte Enas und schritt mit einem höflichen Kopfnicken zu einem reisenden Korbflechter, der seine Ware den Passanten anpries, am dazugehörigen Stand vorbei. Ein zwischen Irritation und Misstrauen schwankender Blick folgte ihr für einige Momente lang, aber sie verlor das Gefühl, angestarrt zu werden, recht schnell wieder, passierte einige andere kleine Läden und erreichte schließlich einen Platz, der offensichtlich das Zentrum der Stadt darstellte, gemessen am Aufkommen der Passanten und den vielen verschiedenen Ladenschildern.
Im Grunde ist dies kein schlechter Ort zum leben, dachte sie sinnierend, aber eben einer von vielen. Nach einer gewissen Zeit des Reisens begannen sich die Städte zu ähneln, und sie entsann sich weit besser der Begebenheiten, die in fremden Ländern zum Eingreifen gezwungen hatten denn der Orte, die damit gerettet hatten werden sollen.
Der Beherrschungszauber, unter dem sie einige Zeit gestanden hatten und der längst verdrängte Erinnerungen gewaltsam empor gezwungen hatte, stand ihr noch deutlich vor Augen. Was konnte dies nur für ein Land sein, in dem solches möglich war ... nein, niederlassen würde sie sich hier sicher nicht, aber es konnte nicht schaden, einige Informationen zu sammeln, bevor die Reise weiterging, nicht zuletzt, um ihrem Auftrag entsprechend zu handeln und die Magie anderer Länder zu erforschen. Dass es gerade Priestern schwer gefallen war, mit der Macht ihrer Götter zu handeln, verdiente Aufmerksamkeit, und sobald das Sockenproblem gelöst war, würde sie sich ein wenig umhören. Da erspähte sie auch schon einen passenden Laden, dessen Schild 'Bendehrs Nähstube' die Aussicht auf trockene Sochen verhieß, vielleicht auch noch eine wärmende, neue Hose. Perfekt, dachte Enas, und endlich wieder trockene Füße. Während sie in ihrem ledernen Beutel kramte, um einen groben Abriss ihrer augenblicklich vorhandenen Münzen zu erhalten, lehnte sie ihren Stab an ihre Seite und schien für einige Momente lang in diese Tätigkeit versunken.