Herberge "Am Geisenstieg"

  • "Dann bis Morgen."


    Er warf ihr noch ein Lächeln zu und öffnete dann das Fenster ,schob sich zwischen den Vorhängen in das Freie. Das Fenster zog er hinter sich wieder zu.
    Nach ein paar kurzen Blicken mit denen er sich versicherte, das er nicht bemerkt wurde, verschwand er. Nachdem er seine Ausrüstung im Tempel geholt hatte, erschein er einige Augenblicke zu spät zur Wache.

  • Nachdem er gegangen ist, bleibt Alanis eine Weile im Bett liegen und genießt die Restwärme und den Geruch, die Damorg hinterlassen hat. Das Licht im Zimmer vergeht mit der Zeit, bis nur noch Schwärze sie umgibt. Ein Seufzer entringt sich ihrer Kehle. Es gab so viele Dinge, von denen er noch nichts wußte -.


    Irgendwann meldet sich ihre linke Schulter, die recht frisch unter der Narbe verheilten Muskeln verkrampfen sich schmerzhaft. Sie setzt sich auf, atmet zischend durch, bis der Schmerz ein wenig abgeklungen ist und steht dann auf. Nackt geht sie durch die Raum, schließt das Fenster ganz mit dem Riegel und tastet sich mit den Füßen durch den Raum vor, bis sie ihren Mantel gefunden hat. Frierend legt sie ihn sich um, ungelenk und mit ruppigen, frustrierten Bewegungen. Dann erbittet sie vom Feuer ein Licht, das sie danach auf die Lampe auf dem Tisch setzt. Schließlich setzt sie sich, nachdem sie ihre Schmutzwäsche müßig mit dem Fuß fortgeschoben hat und nimmt ihre Schreibsachen zur Hand.


    Bis weit nach der Stunde, die sie als Mitternacht empfindet, schreibt sie. Irgendwann hat sich der Krampf in der Schulter gelöst und als sie aufsteht und das Licht löscht, fährt sie mit der Hand über die Narbe und schüttelt leicht den Kopf, so als könne die Dunkelheit im Raum sie sehen. Dann geht sie zu Bett und fällt recht schnell in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

  • Der nächste Morgen kommt und Alanis schlägt irgendwann die Augen auf, noch immer müde und reichlich zerschlagen. Die Vögel vor dem Fenster, die im Angesicht des wohl nahenden Frühlings auf einmal nicht mehr so scheu sind wie gewohnt und sich lautstark singend ausdrücken wollen, nötigen ihr ein entnervtes Murmeln ab und sie legt sich das Kissen auf das Gesicht, um Ruhe zu haben - aber umsonst. Ihre linke Schulter ist fast steif, fühlt sich aber heiß und ungesund an - noch ein Grund mehr, den Tag eher verhalten zu begrüßen. Die Klaue des Dämonenviehs hatte das Fleisch der Schulter vor einigen Woche wie Butter zerschnitten und direkt wieder, durch niederhöllische Hitze, miteinander verschmolzen. Kein Wunder, dass das nicht gutgehen konnte. Da sich die Verletzung einige Zeit ruhig verhalten hatte, hatte sie gehofft, dass Muskeln und Sehnen die grobe Behandlung nicht übel nehmen würden. Allerdings hatte die kalte, feuchte Seefahrt sie eines Besseren belehrt. Ohne Frage - sie braucht einen Arzt. Oder Meanor.


    Sie schwingt die Beine aus dem Bett, stellt die Füße auf den Boden und tappt zur Wasserschüssel, wo sie mit der Fingerspitze müßig ein wenig Eis eindrückt, das sich auf der Wasseroberfläche gebildet hat. Dann wäscht sie sich, zieht sich an - ihre Bewegungen sind ein wenig ungelenk - und macht sich, kurz vor Mittag, auf den Weg in die Stadt, besser gesagt in's Hospital.

  • Vom Marktplatz kommend, biegen Alanis und Gerion ab und gehen langsam den Geistenstieg hinunter. Alanis lehnt sich schwer auf den Arm des jungen Spähers, da der Boden noch immer schneeglatt ist und sie selbst sich nicht gerade fühlt wie das blühende Leben.

  • Gerion war mitlerweile ein experte was schlechte GEwissen betraf, denn immer wenn er an die Ereignisse auf den Friedensinseln zurück dachte, machte er sich Vorwürfe betreffend des Ausganeges für seinen Kameraden.


    Sollte Alanis sich diesbezüglich etwas anmerken lassen, was den Späher auffiele, würde er es zu deuten wissen.


    Als sie dann um die erste Serpentine bogen blieb Gerion stehen.


    "Moment ich schaue obs da sehr glatt ist."


    Gerion eilte vor uns wie bestellt bretterte es ihn erstmal ordentlich auf seinen Hintern.


    "Verdammt.."


    Fluchte er, doch an dem Lächeln auf seinen Lippen sah man, dass er unverletzt war. Dann schnappte er sich Laub und Unterholz vom Weges rand und verstreute es auf dem Boden.


    "So."


    Dann kehrte er zu Alanis zurück.

  • Alanis, die es meist gewohnt ist, ihre Gefühle hinter einem heiteren Lächeln, einem ätzend-sarkastischen Spruch oder einem Feuerball zu verstecken, sind im Moment ihre Emotionen recht deutlich anzusehen. Erst das schleche Gewissen, weil sie Gerion täuscht, dazu dann ein wenig später das Erschrecken, als er hinfällt und am Ende große Dankbarkeit. Sie hängt sich wieder bei ihm ein.


    "Du bist ein Schatz, vielen Dank." Sie beäugt sein Werk kritisch, aber es mangelt ihr nicht an Vertrauen, was seine Vorgehensweise angeht.

  • "Naja mein Hinter ist es ja gewohnt versohlt zu werden."


    sagte Gerion mit einem heiteren Lächeln. Und als die beiden dann Über die glatte Fläche schritten, war es auch nur noch halb so gefährlich.


    Denn Blick stur auf den Weg gerichtet wandte sich gerionmit Worten wieder an Alanis.


    "Es bereitet manchmal Alpträume, nicht wahr ? Das schlechte Gewissen das einen plagt. Mir zumindest schon. Ich frage mich immer obs ein Fehler war oder meine Schuld ist."


    Es kam selten vor, dass Gerion mit jemanden so offen sprach, Doch Alanis kannte schon ein Geheimnis von Gerion und jetzt seine gefühle zu offenbaren würden vielelicht helfen, dass er ihr bei ihren Problemen helfen konnte.

  • Alanis stutzt einen Moment vollkommen verdutzt, als Gerion das Thema 'schlechtes Gewissen' anspricht, und zwar so deutlich, dass sie ein wenig ins Rutschen kommt. Schnell hält sie sich fest, räuspert sich, um einen Moment zu gewinnen und sagt dann langsam, sehr überdacht und ruhig:


    "Es gibt viele Arten von Schuld und daraus folgendem schlechten Gewissen. Wer es kennt, der weiß, dass es einen verfolgen kann wie ein Raubtier in der Nacht und einen packt, wenn man es nicht vermutet." Sie mustert sein Gesicht von der Seite und lächelt über seinen Versuch, ihr entweder etwas zu entlocken oder zu helfen. "Dass man ein schlechtes Gewissen hat, bedeutet aber noch lange nicht, dass man wirklich Schuld trägt oder dass diese so schwer wiegt, dass man sich deswegen grämen muss. In einigen zumindest nicht. In den anderen Fällen bleibt einem wohl nur, damit zu leben."


    Neugierde stiehlt sich in ihren Blick.
    "Wo siehst Du Deine Schuld, Gerion? Du sprichst doch von etwas Bestimmtem, oder?"

  • Gerion atmete tief ein ehe er antwortete.


    "Als wir auf den Friedensinsel ine Erkundung hatten, sind zwei Kameraden abgestürzt. Ich habe so schnell geholfen wie ich konnte. Doch ich war zu langsam und einer wurde sehr schwer verletzt und ist es immernoch. ICh glaube er wird niewieder wie früher werden."


    Während er das ruhig und langsam berichtete faste er sich an seine Brust und hielt etwas darunter fest.


    "Ich glaube ich hätte sterben sollen an diesem Tag, doch irgendwie habe ich das gefühl , dass das dunkle Meer mich noch nicht verschlingen wollte und nun habe ich Schuld an den verletzungen meines Kameraden und eine Schuld bei den Göttern die ich nie begleichen kann."


    Er atmete tief durch, lies die Muschel unter seinem hemd los und blickte nun ernsthaft aber dennoch nicht bösartig zu Alanis auf.


    "Und was bedrückt dich ?"

  • Alanis lauscht ihm aufmerksam, bis er geendet hat und das Gespräch wieder in ihre Richtung zu lenken gedenkt. Doch davon will sie zunächst erst einmal nichts wissen.


    "Etwas zu versuchen - mit aller Kraft zu versuchen - und dann doch zu scheitern, ist schmerzhaft, weil es einem scheinbar beweist, wie fehlerhaft man ist. Aber ich bin im festen Vertrauen darin, dass Deine Götter gesehen haben, was geschehen ist. Sie haben gesehen, dass Du alles versucht hast, was Dir Herz, Verstand und Körper in jenem Moment erlaubt haben. Sie selbst haben Dir diese drei Dinge gegeben, sie kennen sieund vor allem Dich in- und auswendig. Und sie werden gerecht sein. So gerecht, wie Du es Dir selbst gegenüber nicht sein kannst, weil Dich das Schicksal Deines Kameraden anrührt."


    Sie legt ihm aufmunternd die Hand auf die Schulter, wenngleich das auch vorsichtig geschieht, da sie dafür den verletzten Arm nutzen muss.


    "Die Götter werden Dir verziehen, so sie sehen, dass Du Dich aufrichtig mit dem Geschehenen beschäftigst und dass Du das Geschenk, dass Dir zuteil wurde - nämlich zu leben und unbeschadet zu sein - dankbar annimmst. - Was Deinen Freund angeht: wenn er Dir die Schuld gibt, dann sprich mit ihm und erkläre ihm die Dinge. Wenn er es schafft, Dir zu vergeben, solltest Du es auch können."

  • "Er gibt mir nicht die Schuld, aber wie du sagtest es nimmt mich einfach mit."


    Gerion aktzeptierte ihren Entschluss nichts zu verraten. Und so brachte er sie dann auch zum Eingang der Herberge, ohne das Gespräch wieder aufzunehmen.


    "Da sind wir auch schon gleich. Es ist nemmer weit dann hastes geschaft."

  • "Das vergeht mit der Zeit" , sagt Alanis sachte. "Ich will für Dich hoffen, dass das geschieht, weil Du damit ins Reine gekommen und nicht, weil andere Dinge und das Bewußtsein, in ihnen schuldig zu sein, die alte Schuld verdecken."


    In ihrer Stimme klingt ein undefinierbarer Ton mit, vielleicht Trauer, vielleicht Resignation. Schließlich seufzt sie leise, als sie an der Herberge ankommen und sieht Gerion für eine ganze Weile einfach stumm und prüfend an.


    "Nun gut" , sagt sie leise. "Dies ist für Deine Ohren bestimmt und nur dafür. Du würdest eh darauf kommen, also sage ich es Dir. Dann sind wir - quitt." Alanis wirkt nicht wütend, nur ein wenig angespannt. "Damorg und ich - wir mögen uns - sehr."


    Sie weiß nicht, wie sie es anders formulieren soll, ohne dass es in ihren Ohren seltsam klingt.

  • Gerion blickte zu Boden, als sie ihm ihr Geheimnis offenbarte.


    "Ja das macht Sinn, ich dachte ihr seid einfach nur...Freunde...aber das ist auch passend."


    Dann erwiederte Gerion ihren Blick. Er zeigte keinerlei Ablehneung oder Empörung, es ist deren Entscheidung, mit all ihren Folgen.


    "Ich werde es für mich behalten. Aber wenn ich euch helfen kann, dann sagt bescheid. Ich kann mir vorstellen, dass es euch richtig Probleme bereitet, was ihr seid oder ? Das könnte vor allem Damorg mehr Ärger machen als ihm lieb ist. Aber das wisst ihr beiden wohl am besten."


    Gerion war eindeutig besorgt, denn langsam kamen auch ihm die Folgen eine nach der anderen in den Sinn.


    "Soll er wissen das ich es auch weiß ?"

  • Alanis schmunzelt, ein wenig schmerzlich, als sie die Erkenntnis, dass das alles wirklich ganz schön kompliziert ist, auf Gerions Gesicht gut sichtbar durchsickern sieht.


    "Es ist schon richtig, dass wir - wohlmeinende Freunde gebrauchen könnten. Über den Ärger für Damorg möchte ich eigentlich am liebsten gar nicht nachdenken. Auch wenn er das auf eine leichtere Schulter zu nehmen können glaubt, als er es eigentlich tun sollte."


    Sie beißt sich auf die Unterlippe. Gerion wußte genug, ihre Querelen mit Damorg gingen ihn nun wirklich nichts mehr an. Auf seine Frage hin schweigt sie für einen Moment und blickt zu Boden.


    "Es ist eh wenig Ehrlichkeit in dieser ganzen Sache drin, also denke ich, Du solltest es ihm sagen. Ob es ihm gefällt, erfahre ich ja."


    Ihr rechter Mundwinkel zuckt hoch, doch ihr Lächeln ist, zusätzlich zu ihrem schlechten Zustand, müde und nachdenklich.

  • "Damorg is eisern in allem was er tut, ganz so wie Kapal es wollen würde."


    Dann schütelte Gerion fast unmerklich denk Kopf, als wolle er die Gedanken beiseitewischen.


    "Du solltest ins Warme und ich sollte jemandem im Tempel fragen ob er nach dir sieht."


    Er setzte ein Lächeln auf, doch wie das ihre mehr schlecht als recht.

  • "Deinen Rat werde ich jetzt auch befolgen. Ich werde mich ein wenig hinlegen und dann geht es mir bald sicherlich wieder ein wenig besser."


    Spontan legt sie die rechte Hand auf Gerions Hand und drückt sie leicht.


    "Vielen Dank, Gerion. Für alles was war und was noch kommt. Ich weiß, daß ich Dir gerade etwas aufgebürdet habe und das bedauere ich."


    In ihren grünen Augen liegt ehrliche Bekümmerung darüber, dass er nun auch einen Teil ihrer Sorge trägt.

  • "Ein einzelner Hanfstrang hält nichts, ein Bündel lässt einen Pfeil eine Rüstung durchschlagen. Das hat mir mein Vater immer gesagt, wenn es um unseren Clan ging. Wie immer hat er recht. Wenn es alle wüsten, und alle einen Teil tragen würden, währe es keine Sorge mehr."


    Gerions Blick wurde etwas sehnsüchtig als er von seiner familie sprach.


    "Soll ich dir hochhelfen ?"

  • "Das passt schon, glaube ich. Lass bitte noch etwas Raum für meine Selbstachtung." Die paar Stiegen wird sie wohl alleine nehmen können, wie sie mit kritischem Blick abschätzt. Dann wendet sie sich wieder Gerion zu, bemerkt seinen Blick und beschließt, gewisse Dinge auf ihre geistige 'Zu erledigen'-Liste zu schreiben. "Also noch einmal: danke." Erneut drückt sie seine Hand, dann macht sie sich los und steigt die Treppe hinauf, um einzutreten und dann in ihr Zimmer zu gehen.

  • Alanis geht unterdes in ihr Zimmer und zieht sich mit einigem Umstand erst einmal aus. Mit einer Grimasse sieht sie, dass der leichte Verband inzwischen durchgeblutet ist und sowohl ihre Bluse als auch ihr Mieder befleckt sind. Mit einem Seufzen wirft sie sie auf den Haufen mit der Schmutzwäsche, dann holt sie das Fläschchen mit der Tinktur hervor, die der Heiler ihr gegeben hat und stellt es auf einen Hocker neben ihrem Bett.


    Ihr ist warm und sie fühlt sich ausgelaugt. Die Schulter schmerzt, wenngleich ein wenig des Drucks darin fortgenommen zu sein scheint. Das Wasser in der Waschschüssel ist schmutzig, also tappt sie, nachdem sie sich ein Unterkleid angezogen hat, hinüber in die Gemeinschaftsküche, um sich einen Krug mit Wasser zu holen, den sie ebenfalls neben das Bett stellt.


    Dann legt sie sich hin, froh, ihre zittrigen Knie endlich aus dem Stand wegzubekommen. Ihre Gedanken gehen zu dem Gespräch mit Gerion zurück. Ob es ein Fehler gewesen war -?