Das Waisenhaus

  • Farlander , vom Nordtor kommend , steuerte zielstrebig das Waisenhaus an. Die Beschreibung der Gardisten war sehr präzise gewesen , so dass er eine halbe Stunde später am Waisenhaus ankam und an der Tür klopfte.


    "Hallo , jemand zu Hause" rief er gleichzeitig

  • Es dauerte einen Moment, dann rumorte es hinter der Pforte und schließlich öffnete sich die Tür, während eine Männerstimme von drinnen brummte:


    "Komm ja, komm ja."


    Ein älterer Mann erschien auf der Türschwelle. Er trug einfache, aber saubere Kleidung und schmauchte an einer Pfeife, die er aus dem Mund nahm, als er sah, dass ein ihm unbekannter Gast vor der Tür stand.


    "Guten Tag", sagte er dann, nicht unfreundlich. "Sucht Ihr jemanden?"

  • "Ich hol se mal", gab der Mann zurück - und machte dem Besucher die Tür einfach wieder vor der Nase zu.


    Eine weitere Weile verging, schließlich konnte man vor der Tür energische Schritte hören, die sich durch den Flur näherten. Schließlich öffnete sich die Pforte wieder und Johanna erschien. Wie immer in leuchtendes Gelb gekleidet und wie stets mit einem sanften Lächeln auf dem Lippen. An diesem Tag konnte wohl höchstens der Rosenkranz mit dem Laya-Symbol der Bärentatze auf ihren geistlichen Stand hinweisen. Sie musterte den ihr unbekannten Mann kurz, bevor sie ihm ihm offen in die Augen sah.


    "Guten Tag. Entschuldigt, dass Ihr warten musstet. Ich bin Johanna vom Zweibach."

  • Die Aussage, dass er Sie holen würde , sorgte für etwas Erleichterung bei Farlander hatte er schon befürchtet sich hier unnötig lange aufhalten zu müssen und während er wartete holte er schonmal das Päckchen aus dem Rucksack.


    Als Johanna dann in der Tür erschien , verbeugte er sich recht formel
    "Seid gegrüßt" entgegnete er Ihr sehr höflich "es freut mich euch anzutreffen, da ich den Auftrag habe euch ein Päckchen zu überbringen"
    dabei überreichte er Ihr ein versiegeltes Päckchen


    "Ich würde euch bitten den Inhalt zu überprüfen und mir hier" dabei holte er Buch hervor "sowohl die Unversehrtheit des Siegels als auch die Vollständigkeit des Inhaltes zu bestätigen und mir dann den Restbetrages meines Lohnes auszuzahlen , der sich auch in dem Päckchen befindet " rattert er mit einen formelen bürokratischen Ton herunter

  • Johanna blinzelte einen Moment verdutzt und wirkte von seinem geschäftsmäßigen Tonfall ein wenig überfahren.


    "Siegel? Inhalt?" Sie drehte das Päckchen kurz in den Händen hin und her, dann nickte sie leicht. "Natürlich. Wer, sagtet Ihr, schickt Euch?"


    Sie fuhr mit den Fingern über das Siegel und versuchte, ein Muster darin zu erkennen.

  • Johanns Mundwinkel zuckten kurz, dann neigte sie leicht den Kopf.


    "Ich verstehe. Nun, dann wollen wir mal sehen -."
    Sie brach das Siegel und öffnete das Päckchen dann. Verwundert hielt sie daraufhin zwei Beutel in der Hand, in denen leise Geld klimperte. Als sie das Schreiben öffnete, das den Beuteln beilag, wich ihr sämtliche Farbe aus dem Gesicht und sie musste sich gegen den Türrahmen lehnen.


    "Wo darf ich unterschreiben?", fragte sie, nachdem sie tief durchgeatmet hatte. Dann reichte sie dem Mann den Beutel, der sich nach einem kurzen Blick auf den Inhalt als der seine entpuppt hatte.

  • "Alles in Ordnung ?" erkundigte er sich als Johanna schwankte


    "Nun wenn Ihr dann bitte hier und hier gegenzeichnen würdet" dabei deutet er Ihr zwei Linien in seinem Buch und hielt Ihr einen Federkiel hin


    Den Beutel mit dem restlichen Teil seiner Bezahlung verstaute er in einer Gürteltasche

  • "Oh, ja. Aller in bester - bester Ordnung!", japste Johanna und mit einem Mal war ein fast irre zu nennendes Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen. Sie fühlte sich, als hätte man ihr eine tonnenschwere Last von den Schultern genommen. Ohne zu Zögern griff sie zum Federkiel und unterschrieb in dem Buch, dann strahlte sie den Boten an.


    "Möge Laya Euch segnen, dass Ihr mir das überbracht hat. Und Eure Auftraggeberin ebenfalls!"

  • "Euch auch!", rief Johanna dem Mann überschwänglich hinterher. Dann kehrte sie ins Haus zurück und schwankte in die Küche, in der Marte gerade dabei war, das Essen zu kochen. Es gab Bohnen mit Speck.


    Johanna ließ sich auf einen der Küchenstühle fallen und starrte den Beutel an, den sie mit beiden Händen umklammert hielt. Marte bemerkte sie, deutete Johannas Gesichtsausdruck richtig und flößte der Priesterin erst einmal mit sanfter Gewalt ein Glas Beerenschnaps ein.


    Dann öffnete Johanna den Beutel und zählte das Geld auf die Tischplatte. Las das Schreiben. Zählte noch einmal. Und ging dann in ihr Zimmer, um der Herrin zu danken, dass sie ihr eine solche Wohltäterin geschickt hatte.

  • Auf dem Weg vom Tempel nahm Johanna Jolantes Frage noch einmal auf.


    "Jeder, der Dinge sagt, die den Göttern gefallen, ist eingeladen, das zu tun. Nela ist zwar keine Priesterin, doch sie hat der Herrin Laya ihr ganzes Leben lang gedient und in ihren Worte steckt viel Wahrheit, auch wenn manche nicht bereits sind, ihr zuzuhören."


    Die beiden Mädchen, die die Frauen zurückbegleiteten, liefen indes ein Stück vor und flüsterten leise miteinander, hin und wieder einen verschwörerischen Blick zu der Priesterin und ihrer Begleiterin werfend.

  • Das freundliche Gesicht Jolantes Worte bei den letzten Worten sehr traurig. Das Lächeln verschwand gar aus ihrem Gesicht.


    Mir glauben die Leute auch oft nicht und halten mich für verrückt, ja. Kann Nela Priesterin werden, wenn Laya ihr doch offenbar Weiheit schenkt?


    Jolante wusste selbst nicht, wieso sie diese Fragen stellte, aber es kam ihr wichtig vor. Die beiden Mädchen nahm sie im Moment gar nicht war, so tief war sie in Gedanken versunken.

  • Johanna betrachtete das Wechselspiel in Jolantes Gesicht und legte ihr sachte, ganz leicht die Hand auf die Schulter.


    "Es war nicht ihr Weg", sagte sie überzeugt und Zuneigung lag in ihren Worten. "Nela wirkt auf ihre ganz eigene Weise in den Herzen der Menschen und das macht sie Besonders. Aber sie ist kein Mensch, der Predigten hält, die Schriften studiert und sich an die oft starren Regeln halten möchte, die selbst in der Laya-Kirche manchmal herrschen. Aber sie kann mit einem Wort, einem Lachen oder einem kleinen Pieken selbst die grummeligste Gemüter erhellen."

  • Das klingt wirklich anstrengend. Und Nela scheint ein toller Mensch zu sein. Ich freu mich, sie kennenzulernen.


    Nun war wieder ein Lächeln auf ihren Lippen und sie schaute die Priesterin mit strahlenden Augen an. Die Regenwolken waren verschwunden.

  • "Eine gute Frage. Sie streift gerne herum."


    Johanna bat ihren Gast, mit ihr ins Haus zu kommen und führte sie erst einmal in die große Küche, in der Frau Marte, die Haushälterin, schon dabei war, das Essen zu bereiten. Durch die Zwischendecken zum Obergeschoss konnte man Kinderstimmen und Fußgetrappel vernehmen.

  • "Momentan 36 Kinder", erklärte Johanna freundlich. "Es werden einige weniger werden, wenn ich die älteren Kinder in Lehrstellen vermittelt bekomme."


    Marte, die Haushälterin, eine Frau in den Fünzigern, die die robuste Statur und das verlebte Gesicht einer Bäuerin aufwies, nickte Jolante kurz zu, als diese den Essensduft lobte.


    "So, ich gehe mal Nela suchen. Ich hab sie heute Morgen noch nicht gesehen. Setz Dich doch einfach."


    Johanna wies auf einen Küchenstuhl.