Im Hafen von Rendor

  • Michael de Moriba und seine junge Gattin saßen im Wintergarten beim ausführlichen Frühstück. Der Hausherr las die örtliche Gazette und schüttelte den Kopf.


    "Wenn das so weiter geht, wird es großen Ärger geben. Schon wieder ein Schiff, dass geplündert wurde von diesem Pack!"


    Isabell schaute von ihrem Buch auf und nahm einen Schluck Tee aus ihrer Tasse. Sie interessierte solche Themen nicht im Mindestens. Statt dessen fragte sie: "Wenn Du fertig bist, könnte ich dann den Gesellschaftsteil bekommen?"


    Michael schnaubte leicht verächtlich. Frauenzimmer! So hörte er auch nicht die Türglocke, die betätigt wurde und einen Besucher ankündigte.


    Ein Hausmädchen öffnete die Tür und sah einen sehr großen, stark wirkenden Mann mittleren Alters, der sie persönlich einschüchterte und den sie zuvor hier noch nie gesehen hatte.


    Sie knickste und fragte: "Ja bitte, der Herr? Sie wünschen?"

  • "Oh... ja, das wäre schön!" Clarisse nickt dankbar, kann aber mit der versteckten Andeutung ihrer Cousine nicht viel anfangen, da sie es von zuhause gewohnt ist, offen und in ehrlichen Worten zu reden. Doch Maries Geste rührt sie und so nimmt sie sie spontan in den Arm und sagt dann tröstend, "Fanny & Pyra werden sich hier bestimmt sehr wohl fühlen! Und wenn dein Vater es erlaubt, werde ich sie so oft besuchen wie ich kann!" Sie löst sich wieder aus der Umarmung und steht dann auf, "Komm! Lass uns schauen, ob die Kutsche schon ausgeladen ist!"

  • Marie überlegt kurz, ob sie Clarisse vor ihrer Schwiegermutter warnen sollte, verwirft aber den Gedanken. Vielleicht würde sie ja im Gegensatz zu ihr mit ihr auskommen. Sie hatte ihr angeboten, jederzeit hier Zuflucht zu finden und mehr konnte sie nicht tun.


    "Die Kisten wird Fanny beaufsichtigen - sie weiß eh besser, wo alles hin muss. Ich würde eigentlich gerne mit Dir auf den Markt, Blumen kaufen und ich suche noch ein Geschenk für die Fürstin. Ich weiß zwar nicht, womit man einer fürstlichen Hoheit, dazu noch einer Fee, eine Freude machen könnte... aber ich glaube schon, dass ich da eine Idee habe."


    Sie überlegte, ob sie Clarisse mitnehmen könnte zum Waisenheim... sie würde es sich überlegen, wenn sie auf dem Markt waren. Sie sehnte sich nach den Kindern und ihr blieb ja nicht mehr viel Zeit bis zur Abreise. Und versprochen hatte sie es den Kindern zudem auch.

  • "Ja! Gerne!" die Augen der jungen Frau leuchten begeistert und rasch hat sie ihren Mantel übergezogen und wartet auf Marie, bis diese ebenfalls fertig angezogen ist. Der Markt mit seinen mannigfaltigen Ständen und den vielen interessanten Dingen hatte es ihr bereits bei ihrem ersten Besuch mit Fanny angetan und Clarisse freut sich jedesmal, wenn jemand ihr vorschlägt dorthin zu gehen.

  • Marie harkte sich bei Clarisse ein... vorher prüfte sie, dass ihr Geldstrumpf fest da war, wo er sein sollte.


    Als sie aus der Tür auf die Straße traten sahen sie die fast schon leere Kutsche stehen. Der Wind zerrte an der Kleidung der beiden Damen, die sich unweigerlich den Weg zum Marktplatz erkämpften.


    "Puhh... was für ein Wind heute! Wenn der Wind vom Meer kommt, dann ist er gleich immer so frisch. Wie ist das Wetter bei Euch in der Heimat? Ich bin jedenfalls froh, wenn es bald wieder Frühling ist."


    Einige Straßen später waren sie auch schon auf dem grßen Marktplatz in der Mitte von Rendorstadt. Trotz des Wetters herrschte hier ein bunter Trubel. Marktschreier priesen ihre Waren an, während die Kunden sie begutachteten und sich ihre Mäntel zuhielten.

  • Der kaozische Ritter nickte dem Hausmädchen mit einem Lächeln zu.
    "Seid gegrüßt. Bedevere Noyau de Guet-Clermont ist mein Name. Wenn es keine Umstände macht, würde ich gerne beim Herren des Hauses vorstellig werden."

  • Das Hausmädchen wiederholte nochmal leise den Namen und bat den edlen Herrn herein in den Flur.


    "Ich werde meinen Herren gleich holen, darf ich um Euren Mantel bitten?"


    Sie nahm den Mantel des Besuchers ab und legte ihn auf einen Stuhl. Dann bat sie ihn, ihr zu folgen und führte ihn in den Salon, deutete auf die Sofasitzgruppe hin.


    "Mein Herr wird Euch gleich empfangen. Bitte setzt Euch, mein Herr."


    Sie wartete, bis sich der Fremde hingesetzt hatte und ging durch eine Seitentür in den Wintergarten, wo die de Moribas beim Frühstücken saßen.


    Das Hausmädchen trat an den Hausherren heran und meldete den Besucher.


    Michael hob eine Augenbraue bei der Nennung des Namens des Besuchers: "Hmm... ich kenne zwar keinen Herrn mit diesem Namen... er sitzt nebenan? Gut, ich komme..."


    Isabell war neugierig und versuchte, durch den Spalt in der Tür einen Blick auf den Gast zu werfen. Sie fragte ihren Mann, ob sie ihn denn begleiten solle - dieser jedoch verneinte und legte ihr die Zeitung hin mit der Bemerkung, dass sie nun den Gesellschaftsteil lesen könne.


    Michael ging durch die Tür des Wintergartens und stand im Salon. Da saß er - der feine Herr... Michael ging um die Sofagruppe herum, so dass er direkt vor dem Besucher stand.


    "Willkommen, Herr Noyau de Guet-Clermont, in meinem Heim. Ich bin Michael de Moriba. Darf ich fragen, was Euch zu mir führt. Ich glaube nicht, dass wir uns vorher schon einmal begegnet sind?"


    Der Besucher stand auf und stand in voller Größe vor dem um einiges kleineren Hausherrn, der sich vor ihm verbeugte.

  • Bedevere war nicht lange sitzen geblieben, er hatte es doch lieber vorgezogen, zu stehen.
    Als der Herr des Hause in den Raum trat, lächelte er freundlich und verneigte sich knapp.
    "Danke für Eure Begrüßung, werter Herr de Moriba. Wie bereits sicherlich Euch schon kundgetan, ich bin Bedevere Noyau de Guet-Clermont, Reichsritter in Kaotien. Ihr Fürstliche Hoheit schickte mich hierher, um Eure Tocher, Lady Marie-Babette, nach Alesia zu bringen. Und es wäre nicht schicklich gewesen, ohne Euch vorher zu konsultieren."

  • Michael war überrascht und auch beeindruckt. Ein Reichsritter Kaotiens!


    "Ich bin hoch erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen, verehrter Herr! Und ich finde es sehr großzügig, dass die Fürstin Marie abholen lässt. Meine Tochter ist zur Zeit nicht zugegen. Darf ich Euch etwas anßbieten?"


    Er musterte den kaozischen Ritter vor ihn. Ein stattlicher junger Mann...

  • "Danke Euch sehr, Herr de Moriba, ich möchte Euch keinerlei Umstände machen. Daher dachte ich, dass ich mein Dasein anmelde und mich dann auf mein Schiff zurück ziehe. Ihr könntet mir dann jederzeit Nachricht schicken, wenn Lady Marie bereit für den Aufbrauch ist."
    Der Ritter spricht ruhig und schaut Michael de Moriba freundlich an.

  • "Wie kommt Ihr denn darauf, Umstände zu bereiten? Meine Gatinn und ich würde uns freuen, wenn Ihr uns Gesellschaft leistet... und vielleicht kommt Marie in der Zwischenzeit mit ihrer Cousine auch wieder zurück."


    Herr de Moriba war neugierig auf den Ritter vor ihn. Wenn alle Herren in Kaotien so stattlich waren, würde es vielleicht nicht so schwer werden, seine Tochter zu verheiraten.


    Einstweilen hatte Michael nur den Eindruck, dass seine Tochter nicht so leicht gewillt war, sich zu verehelichen. Er wusste, dass sie eine sehr pflichtbewusste Tochter war, doch manchmal... da kam es ihm vor, als hätte sie Geheimnisse vor ihm. Wenn er mehr Zeit für seine Tochter gehabt hätte, wäre er diesen Geheimnissen vielleicht auch die Spur gekommen. Aber so hoffte er immer noch inständig, dass sie bald einen Gatten fand und ihm den ersehnten Enkelsohn schenkte.


    Erwartungsvoll schaute er den Ritter an und zeigte in Richtung Wintergarten mit seinem Arm.


    Isabell, die heimlich aufgestanden war und an der Tür zum Wintergarten gelauscht hatte, schaute durch den kleinen Spalt in den Salon. Ihre Neugier war zu groß gewesen. Mit zusammengekniffenen Augen musterte sie den kaozischen Ritter in seinem dunkelroten Wappenrock und den großen grauen Adler. Sie erschrak, als ihr Gatte den Ritter einlud, in den Wintergarten zu kommen, um ihnen zu speisen. Schnell setzte sie sich wieder an den Tisch und las die Zeitung.

  • Clarisse und Marie machten den Markt unsicher und erstanden das eine oder andere.


    Der Markt war trotz des schlechten Wetters gut besucht. Es war auch der Hauptmarkt und überhaupt der schönste in der Stadt. Aus allen fernen Ländern wurden hier Waren angepriesen. Bevor ihr Vater ein Ladengeschäft eröffnet hatte, hatte auch er hier einen Stand. Nunmehr kamen die Kunden zu ihnen, denn ihr Vater hatte sich einen Namen in seinem Geschäft gemacht.


    Clarisse und Marie kamen zum Ende des Marktes, wo in der Nähe das Waisenheim war. Marie überlegte, ob sie alleine dorthin gehen sollte oder Clarisse einweihen. Sie wurde nervöser, je näher die letzten Stände kamen.


    "Clarisse, magst Du Kinder?"

  • Michael de Moriba beeilte sich, schnell zu vergewissern:


    "Aber nein, aber nein... Bitte folgt mir. Meine Gattin wird erfreut sein, hohen Besuch an ihrer Tafel zu haben. So könnt Ihr uns vielleicht auch aus Kaotien berichten... wir wissen noch nicht sehr viel über die neue Heimat, die meine Tochter nunmehr bewohnen wird."


    Der Hausherr ging voran, um die Tür zum Wintergarten zu öffnen. Herr Bedevere trat hindurch.


    Er sah einen schönen Wintergarten, wenn auch wenig Pflanzen hier drin standen.


    Der Hausherr stellte dem Ritter seine Gattin vor:


    "Das ist meine liebreizende Frau, Isabella de Moriba! Meine Liebe, das ist Herr Bedevere Noyau de Guet-Clermont, ein kaozischer Ritter, der Marie abholen kommt. Ist das nicht nett!"


    Isabell stand auf und knickste vor dem edlen Herrn. In der Nähe sah er noch größer aus und sie war beeindruckt, wie er da vor ihr stand in seinem eleganten Waffenrock. Sie gab sich von ihrer charmantesten Seite und hielt Blickkontakt zu dem Herrn Ritter:


    "Ich bin hoch erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen. Bitte setzt Euch doch. Was dürfen wir Euch anbieten?"

  • Herr Bedevere verneigte sich knapp und gab dann der Dame einen Handlkuss.
    "Ich danke Euch für den freundlichen Empfang, Lady Isabella. Es ist mir eine Ehre und ein Vergnügen, Eure Gastfreundschaft in Anspruch nehmen zu dürfen."
    Er nahm Platz, nachdem sich auch Isabella hingesetzt hatte.
    "Wenn es keine Umstände macht, wäre ich um ein Glas Wasser und eine Tasse Tee durchaus sehr dankbar!"
    Er nickte seinen Gastgebern zu und lächelte freundlich.

  • Clarisse war Marie begeistert von Stand zu Stand gefolgt und hatte alles mit Interesse und großer Aufmerksamkeit betrachtet. Ihr ist anzusehen, dass sie äußerst glücklich über ihren Ausflug ist. Bei der Frage ihrer Cousine hält sie verwundert inne und fragt dann zurück, "Kinder? Warum willst du das wissen?" Sie überlegt einen Moment und zuckt dann mit den Schultern als sie ehrlich zugibt, "Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht... Kinder sind einfach da. Manchmal sind sie putzig oder niedlich, manchmal Rabauken & kleine Strolche... sie sind einfach da." Noch einmal scheint sie nachzudenken und fragt dann weiter, "Wenn du wissen möchtest, ob ich selber einmal Kinder haben möchte, so denke ich schon... ich glaube, das würde jede Frau wollen oder?"

  • Marie überlegte: "Nur so... aus Neugier. Ich hoffe sehr, dass ich auch Kinder irgendwann einmal haben werde.... schau - die Stoffe und Bordüren sind aber schön!"


    Marie befand es besser, doch nicht zusammen mit Clarisse zum Waisenhaus zu gehen. Sie würde morgen sicherlich noch ein/zwei Stunden finden, um dort vorbeizugehen. Vielleicht auch heute noch am späten Nachmittag.


    Es fing an, zu regnen.


    "Oh nein - das auch noch!" Marie zog ihre Kaputze tiefer ins Gesicht.


    "Wir sollten besser nach Hause, bevor wir bis aus die Knochen nass werden. Krank sein kann ich mir gerade gar nicht erlauben."


    Sie nahm Clarisse am Arm und steuerte sie zielsicher durch die Menge, die sich ebenfalls den Weg nach Hause zu bahnen schienen.


    Eine halbe Stunde später waren sie vor ihrer Haustür und gingen hinein. Fanny war schon wieder da und nahm ihnen schnell die nassen Mäntel ab.


    "Brrr... was für ein Sauwetter!" schnaubte Marie. Trotz des guten Stoffes des Mantels war ihr Rücken naß. Das war aber auch ein Schauer gewesen.


    Fanny berichtete, dass wohl ein Besucher gekommen sei - und zwar für Marie. Marie hob verwundert eine Augenbraue... komisch - sie erwartete doch niemanden und daher fragte sie, wer es denn sei.


    Fanny sagte ihr, dass sie es nicht wisse, da sie eben selbst erst angekommen war und ihr das Hausmädchen nur erzählt habe, es sei ein großer stattlicher Mann und wohl von vornehmer Herkunft.


    Maries Herz klopfte - sie schaute Clarisse an.


    "Fanny - hab ich denn noch irgendwelche Kleidungsstücke oben, die ich mir nun trockenerweise überziehen könnte?"


    Fanny bejahte, da noch Kleidungsstücke, die sie zuvor gewaschen und getrocknet hatte, oben lagen. Rasch hastete Marie - Clarisse im Flur stehend - die Treppe hinaus. Du meinte Güte, wer könnte es wohl sein. Sie sah wieder die schönen Augen vor ihrem Inneren und schüttel dann den Kopf. Du Närrin! Er würde es sicherlich nicht sein!


    Kurze Zeit später kam sie herunter und war umgezogen. Sie ging in den Wintergarten. Gerade als sie die Tür öffente, erblickte sie den Besucher. Er saß zwar mit dem Rücken zu ihr, doch wusste sie sofort, wer es war.


    "Herr Bedevere!"

  • Ein wenig verwundert über das seltsame Verhalten ihrer Cousine war Clarisse ebenfalls nach oben in ihr Zimmer gegangen und hatte ihr nasses Haar trockengerubbelt und einigermassen wieder zu einer anständigen Frisur gerichtet. Neugierig wie sie nun einmal ist, kehrt sie dann in den Flur zurück und sieht gerade noch wie Marie im Wintergarten verschwindet. Ein wenig enttäuscht, die Möglichkeit verpasst zu haben, den Besucher ebenfalls zu sehen, macht sich Clarisse auf den Weg in die Küche. Hinter Marie herzustürmen kam nun gar nicht in Frage, aber sicher würde das ein oder andere an Getränk oder Erfrischung in den Wintergarten zu bringen sein... sie lächelt vergnügt.

  • Bedevere stand, als er seinen Namen hörte, sofort auf.
    "Lady Marie, es freut mich, Euch wieder zu sehen."
    Er trat Ihr einen Schritt entgegen und gab ihr einen Handkuss.
    "Und schön, dass Ihr so bald her gekommen seid, auch wenn ich in wirklich angenehmer Gesellschaft Gast sein durfte."
    Damit blickte er zu Isabella und Michael de Moriba.

  • Clarisse betritt gerade die Küche als eins der Mädchen eine Kanne mit Tee & eine Kanne mit Wasser auf ein Tablett stellt, wo bereits schon ein weiteres Gedeck für den Gast bereit steht. Mit einem raschen Blick wird sie gewahr, dass eigentlich alle in der Küche genug zu tun haben und der Weg in den Wintergarten nur zusätzliche Arbeit bedeuten würde und so schlägt sie mit einem liebenswürdigen Lächeln vor, diesen Gang gerne zu übernehmen, was ihr auch dankbar gewährt wird. Geschickt nimmt sie das Tablett und verschwindet schnell aus der Küche, bevor Fanny zurückkehrt und sie davon abhält. Auf dem Weg zum Wintergarten kann sie ein befriedigendes Grinsen nicht unterdrücken, doch verwandelt sie es rasch in ein kleines, freundliches Lächeln als sie nach kurzem Anklopfen das Zimmer betritt und sich nach einem kleinen Knicks daran macht, das Gedeck ordentlich auf dem Tisch zu plazieren und beide Kannen dazu zu stellen.
    Sie hat die Mädchen diese Tätigkeit so oft verrichten sehen, dass es ihr nicht schwer fällt es genauso nachzumachen, während sie dabei unauffällig versucht einen Blick auf den Gast zu werfen.