[Westliche Wälder] die Pfade der Thumwölfe

  • Es herrscht Schweigen auf Durals erste Aussage, weder Li'iria, noch Windläufer, noch einer er Thum und Luchs, fühlen sich berufen etwas schnelles, vielleicht unüberlegtese zu antworten.


    Finn schluckt hörbar und Rastan hält beim Absetzen des tönernen Schnapskrugs inne.


    "Wir tragen unser Schicksal, weil wir es selbst bestimmen... wenn wir Schwäche zeigen, uns ihr hinzugeben... gewinnt es Kontrolle über uns und genauso ist es mit dem Leid, der Schuld und der Wut. Wenn es etwas zu sühnen gibt, sühne es mit der Überzeugung eines Lebenden, wenn es etwas zu verzeihen gibt, verzeihe mit der Kraft eines Lebenden."


    Seltsamerweise ist es Bern, der das sagt und erstaunlicherweise erhält er von den beiden Elben ein überzeugtes Nicken.

  • Wieder entsteht eine Pause, die niemand mit gesprochenen Worten ausfüllen möchte. Nur das Knistern und Knacken des Feuers, welches das kleine Lager erhellt, ist zu hören. Es scheint als wenn der Mensch in den letzten Minuten Jahre gealtert wäre. Seine Augen blicken freudlos und müde, sein Rücken ist gebeugt und selbst seine Haare scheinen stärker mit grauen Strähnen durchwoben. Er wischt sich die letzten Tränen weg und steht mühsam auf.


    "Gute Nacht." flüstert er leise, als er langsam schlurfend mit hängenden Schultern und gebeugten Haupt tiefer in den Wald geht.

  • "Was für einen Bärenfurz hast du von dir gelassen Bern," Luchs hatte zwar nicht mit bekommen, was gesagt worden war, das Gespräch am Lagerfeuer war leise gewesen und sie war nicht in der körperlichen Verfassung gewesen ihre Sinne anzustrengen aber das Schimpfen, in dem Sorge mitschwingt, geht ihr noch gut von den Lippen.


    "Gesagt hab ich, was ich gedacht hab. Ein Toter kann nicht lernen und verzeihen kann er auch nicht."


    Berns Antwort ist trotzig, die beiden Elben am Lagerfeuer scheinen für einen Moment vergessen.


    "Kann ihm mal bitte jemand nachgehen, der hat ausgesehen, als würde er sich gleich vom nächsten Felsen stürzen."


    Li'iria mischt sich ein.


    "Er ist vielleicht schon vor einiger Zeit gefallen und wird sich darüber klar, dass er nicht weiß, wie er aufstehen soll, obgleich er weiß, dass er den Fall überlebt hat."


    Dann erhebt sie sich und nickt Windläufer zu.


    "Es wird Zeit weiterzuziehen. Wenn du deine Familie besuchen willst Lyriana Luchspfote, du weißt, wo der Ort deiner Geburt ist."



    Die Halbelfe stößt Luft aus und macht ein trotziges Gesicht. "Ich hab zwar keine Ahnung, wo du diesen Namen her hast aber wie auch immer... meine Familie ist hier."


    "Wie du meinst, Namaarie et rimmia lani, Rudel der Thum."


    Windläufer bleibt still und nickt nur einmal knapp in die Runde, dann gehen sie ihrer Wege und verschwinden ebenso schnell und lautlos wie sie gekommen sind.

  • Er geht einige Zeit durch den Wald, um sich dann auf den Stamm eines umgefallenen Baumes zu setzen. Die Erlebnisse von Kräutersberg kommen wieder hoch und mit ihnen die Agonie nichts tun zu können, aber dafür Schuld zu sein. Hätte er die Menschen retten können, wenn er früher Lesen gelernt hätte? Wäre er damals nicht gefoltert worden, wenn er nicht offensichtlich falsche Dinge gesagt hätte. Wäre damals die Wache getötet worden, um ihn und seine Freunde nach ihrem Tod trotzdem noch zu verraten. Wieder kamen Tränen, die er wegblinzelt.


    NEIN! Er wäre nicht der, zu dem er geworden war, hätte damals niemand den Tod gefunden. So schrecklich es war, aber Bern hatte Recht. Tote konnten weder aus ihren Fehlern lernen, noch den Lebenden verzeihen. Dennoch - der Schmerz war wieder da, so wie ein leichter Kopfschmerz - pochend, wartend. Er tat im normalen Leben nicht weh, aber hin und wieder schien ihm die Agonie die Luft zu nehmen, wie einem Ertrinkenden die Luft ausgeht. Sie nahm ihm den Willen weiterzumachen.


    Doch er war die Summe seiner Erlebnisse, ob gut oder schlecht. Sie formten ihn und er wusste, dass Zuhause zwei Menschen warteten, die ihn liebten, wie er war. Ein reumütiges Lächeln kommt auf Dural's Gesicht und er horcht noch einmal einige Minuten in den Wald hinein, um dann eine Stunde später wieder zum Lager zurück zu kehren.

  • Im Lager war Ruhe eingekehrt. So ziemlich alle anwesenden Thums hatten sich nahe am fast abgebrannten Lagerfeuer in ihre fellenden Schlafsäcke zurückgezogen und schienen zu schlafen. Rastan hatte Wache und registrierte die Rückkehr des lupanischen Waldläufers mit einem stummen Nicken, ehe er wieder in der Glut herumstocherte und betreten schwieg.


    Lukash und Aaron waren zurückgekehrt, doch auch sie hatten sich auf ihre Lager zurückgezogen. Nur die Halbelfe war nicht an ihrem Platz. Das Lager, dass ihr die Männer fast liebevoll hingezaubert hatten war leer. Das Fell zurückgeschlagen, die Waffen jedoch an ihrem Platz.


    Viel hätten sie ihr ohnehin nicht gebracht. Die Wunde war zwar dank der Magie der Elben geheilt worden aber ihr Bein noch nicht wieder einsatzfähig.

  • Eigentlich will Dural sich nur hinlegen, denn die Müdigkeit ist inzwischen alles überwältigend. Mit stillem Bedauern hat er die Abreise der Elben festgestellt. Er nickt Rastan ebenfalls kurz zu und will sich dann an das Machen seines Lagers machen, als er Luchs' leeren Schlafplatz entdeckt. Unschlüssig bleibt Dural kurz stehen, um sich dann umzuschauen, Luchs aber nirgends entdecken kann. Hilfesuchend schaut er zu Rastan hinüber, der immer noch im schwelenden Feuer rumstochert.

  • "Schon vor etwa einer halben Stunde," sagt der Waldläufer, den man sonst immer nur mit Silas gemeinsam sah, als wären sie Zwillinge. "Meinte irgendwas von, muss mal Luft holen gehen und humpelte davon."


    Das Stochern geht weiter, jemand regt sich etwas weiter abseits vom Lager in seinem Schlafsack. Es sah nach Finn aus, der sich im Traum hin und her wälzte.


    "Solltest schlafen gehen, du siehst aus wie ein untotes Karnickel."

  • „Danke.“ Die Antwort ist kurz und knapp. Er dreht sich um und geht wieder in den Wald. Bei der Dunkelheit hat er es schwer Spuren zu lesen, findet aber irgendwann ein paar Stiefelspuren, wo ein Stiefelabdruck tiefer ist, damit das andere Bein nicht zu stark belastet wird. Auch die Schuhgröße stimmt und so macht sich Dural daran die Halbelbe anhand ihrer Spuren aufzuspüren.

  • Die Fußspuren, tatsächlich mehr als schwer deutbar führen einen kleinen Hügel hinauf und enden an einer Klippe, die wie ein grauer Einschnitt in den Wald erscheinen und den Blick auf ein nächtliches Tal eröffnen. Oberhalb am tiefschwarzen Himmelszelt, Mond und Sterne und ihr kaltes Licht... hüllt die Kronen riesiger dicht an dicht wachsender Bäume im Tal ein.


    Ein umgestürzter Baum bildet auf dem relativ unbewachsenen Blick am Ausguck eine natürliche Bank und dort sitzt die Halbelbe, hat sich Tabak gedreht, raucht und scheint hinunter zu blicken.

  • Leise tritt Dural an sie heran, darauf bedacht sich nicht zu leise zu bewegen, so dass er als Feind gelten könnte. Er bleibt einen Augenblick hinter ihr stehen und blickt auf das, was unter ihnen liegt. Dann setzt er sich unaufgefordert neben sie.


    "Hallo." ist die einfache Begrüssung, die weder Freundlichkeit noch Traurigkeit mit sich führt. Es ist eine Statement, mehr nicht.
    "Dämonen jagen?" fragt er, ob es sich oder Luchs gilt, kann man nicht feststellen.

  • "Sieht ganz so aus, mhh" ist die schlichte Antwort, nachdem sie Rauch aus ihren Lungen in der kühlen Nachtluft verteilt hat. Wirklich abweisend klingt ihr Ton nicht, eher halb bestätigend, halb fragend.


    Glühende Asche wird vom Wald ins Tal getragen und tanzt in der Nachtluft umher.


    In Luchs anderer Hand und im Augenblick locker zwischen ihren Beinen baumelnd, hält sie die halbvolle geöffnete Schnapsflasche und genehmigt sich einen Schluck.

  • Abwesend schaut der Mensch weiter ins Tal. Dann hebt er die Schultern, als ob er die Kälte abwehren müsste. Sein Blick wandert zu Luchs.


    "Tut mir leid, wenn ich vorhin dumme Sachen gefragt oder gesagt habe. Ich wollte dich nicht verletzen." Ob es stimmte, wusste er nicht, aber er empfand so. Dumm, ja dumm war es gewesen. Diese Leute waren seine Freunde, ihnen würde er sein Leben anvertrauen. Wieder geht sein Blick in die Tiefe. Wie es wohl wäre, wenn er dort hinuter stürzte?

  • "Du bist ein wenig weinerlich aber das wird man wohl, wenn man ne Menge durchgemacht hat und das nicht gerade hier." Sie hebt die Schultern und eckt vermutlich mit ihrer ugnenierten Ehrlichkeit an. "Du hast denen schon kein Ohr abgekaut, noch Trollkacke geredet... jedenfalls hatte ich nicht den Eindruck...," dann schweigt sie einen Moment und blickt mit Erkenntnis in ihren Augen hinüber zu dem Waldläufer.


    "Achso ... du meinst den Kram mit meiner Herkunft. Kann ja nun jeder sehen und ist schwer zu verleugnen, wenn du nicht älter wirst und alles verreckt umd ich herum... früher oder später kommt halt einer, der nachharkt, besser du als irgendein Held, der dafür aufs Maul gekriegt hätte."


    Sie trinkt wieder einen Schluck und zieht an ihrem Tabak.

  • Sein Blick gleitet über die Bäume hinweg zum Horizont, der jenseits der Dunkelheit liegt. Man kann nur erahnen, dass dort die Welt weitergeht. Er antwortet ihr nicht sofort, was gibt es dazu auch zu sagen. Stattdessen genießt er die Stille, die hin und wieder durchbrochen wird durch das Schwappen der Flüssigkeit in der Flasche, den sich Luchs zu Gemüte führt, genauso wie die Atemgeräusche, die beim Rauchen entstehen.


    So vergehen die Minuten, während sie nebeneinander dort auf dem Baumstamm sitzen und jeder seinen Gedanken nachhängt. Dural bricht als erster die Stille.


    "Du sag mal, warum ist deine Mutter damals in den Westen gegangen?" Sein Kopf ist der Halbelbe zugedreht und bleibt an ihrer Schnapsflasche hängen, aus der sie sich noch einen Schluck vor dem Antworten genehmigt.

  • Sie bietet ihm die Flasche an, ohne seinem Blick mit ihrem Beachtung zu schenken.


    "Mein Vater... er gehörte zu den ersten Wölfen im Westen. Sie waren Visionäre, wollten Daynon gemeinsam zeigen, dass das alte Volk und das neue gemeinsam gegen die Dunkelheit kämpfen kann und das kulturelle Grenzen scheissegal sind. Dann kam ihnen dieser Mist von wegen Liebe und Familie gründen in den Sinn... selber schuld... dummerweise neigen Menschen dazu zu sterben, zum Beispiel an Altersschwäche. Dummerweise kam mein Vater nicht dazu, er krepierte bei einem Angriff, da war er nicht mal 22 Winter und Mutter blieb allein zurück."


    Wieder findet eine dicke Schwade Rauch den Wind und wird von ihm zersprengt. Hörbar entweicht die Luft zwischen ihren Zähnen, als sie kurz ihre Kiefer zusammenpresst.


    "Sie wurde nie wieder die Alte... keine Leidenschaft mehr, kein Wille... mit ihm ging auch sie... nur blieb ihr Körper ein wenig länger, scheiss Unsterblichkeit."

  • Lächelnd schüttelt er leicht den Kopf, dann macht sich Traurigkeit auf seinem Gesicht breit. Sein Blick ist in die Tiefe gerichtet.
    "Hast du ihn kennenlernen dürfen?" Er stockt kurz."Oder warst du noch zu klein, um Erinnerungen an ihn zu haben?"


    "Weißt du, mein Vater war Waldläufer mit einem legendären Ruf, der ihn überall hin folgte, wohin ihn seine Reisen führten. Leider hatte er auch eine starke Anziehungskraft auf Frauen. Allein in unserem Dorf soll es gut eine handvoll Bastarde aus seinen Lenden gegeben haben. Ich bin einer davon." Reumütiges Lächeln.


    "Eines Tages bin ich mit meinen Brüdern - Halbbrüder um genau zu sein - losgezogen, auf die Suche nach ihm. Gefunden haben wir ihn natürlich nicht, er schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Vermutlich tot." Schulterzucken. "Dafür fanden wir neue Freunde, Familien und eine andere Heimat."

  • Schweigen folgt und wird erst nach langen Sekunden gebrochen. Ihr Blick schweift über den dunklen Horizont


    "Ich kann mich an ihn erinnern, auch wenn es schon lange her ist aber nicht an viel. Er muss ein guter Kämpfer gewesen sein und ich glaub er war nett zu mir." Sie hebt ihre Schultern. "Ist zu lange her."


    Nach einem weiteren Schluck und einem Zug von ihrem Tabak, sieht sie wieder zu Dural hinüber.


    "Im Schatten eines anderen zu stehen, war noch nie meine Stärke, es sei denn es war ein Baum und bot Sichtschutz." Ein müdes Grinsen folgt. "Aber ich glaub ich versteh was du meinst... nicht das Leben macht etwas aus uns...sondern wir aus dem Leben."

  • Wieder zuckt er mit den Schultern, dann wird ein Gähnen mühsam unterdrückt.


    "Wir sollten uns hinhauen, wird bestimmt anstrengend morgen und ich bin voll im A****."


    Mühsam erhebt sich Dural. Die letzten Tage und Stunden haben spürbar Spuren hinterlassen. Auch wenn diese Spuren nicht sichtbar für das blosse Auge waren. Er schaut zur Halbelbe hinunter.


    "Danke...danke, dass du so offen warst... Und nun gute Nacht." Mit diesen Worten geht er wieder Richtung Lager.

  • Luchs bleibt noch ein paar Momente. Sie hatte ihre Gründe hier oben alleine zu sitzen und die hatten sich auch durch Durals Besuch nicht geändert.


    Irgendwann aber, die Flasche hatte sich bedrohlich gelehrt, hinkt sie ein wenig leichter als noch auf dem Hinweg hinab ins Lager zurück, sieht über die schlafenden Thum und nickt Bern zu, der Rastans Wache übernommen hat.


    Ihre Felle vom geschützten Baum hinwegziehend und näher an die Glut des Feuers hockt sie sich neben den ruhigen und besonnenen Waldläufer.


    Keine 5 Minuten später schläft sie eingemummelt ein.


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    Als Dural am nächsten Tag erwacht, zeigt sich der morgendliche Nebel noch tief und dicht. Das Lagerfeuer ist längst abgebrannt und nicht einmal die Glut gibt sich noch Mühe um Existenz zu betteln. Die Geräusche halten sich auf einem Niveau, dass normal für einen wilden Wald deutet.

    Pink fluffy unicorns dancing on the rainbow..dummidudidummm

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  • Langsam kriecht der Mensch unter den Felldecken hervor, die auf ihm gestapelt wurden, so wie es scheint. Sein Magen knurrt herzerweichend und er hat nichts mehr in seinem Rucksack, um ihn zufrieden zu stellen. Müde streckt er sich und versucht die feuchte Kälte aus seinen Gliedern zu vertreiben. Dann packt er seinen Rucksack. Das versucht er so leise wie möglich zu machen, um die schlafenden Thum nicht zu wecken. Er begibt sich in den Wald, um dort noch einmal seinen Rucksack auf Links zu drehen, in der Hoffnung, dass er noch etwas Essbares findet. Leider hat er kein Glück. Missmutig überlegt er, ob er noch jagen gehen soll oder einfach soviel Wasser trinkt, um den Hunger vordergründig zu ersticken.