Die Taverne "Zum Zaunkönig" (9)

  • Alanis grinste.


    "Ja, ich habe den Herbst mitgebracht", erklärte sie und hängte sich ihren Mantel über den Arm. Wärme und Duft in der Küche waren anheimelnd. Sie spähte in den Topf und zog anerkennend eine Augenbraue hoch. "Ah, endlich mal wieder Matsch. Das habe ich wirklich vermisst."


    Sie erspähte einen Kleiderhaken neben der Tür und hängte ihren Mantel auf. Zum Vorschein kam ein hübsches, aber praktisches Kleid in dunklem Grün, das ihrem Teint und ihren Augen ungeheim schmeichelte.


    "Hat sich Talinor taktisch zurückgezogen?"

  • Kassandra grinst.
    "Sozusagen. Ich hab ihm freigegeben. Um unseren Einfall hier ein bißchen zu versüßen..."
    Sie schließt die Ofentür wieder und öffnet einen Schrank aus dem sie einen Stapel Teller nimmt.
    "Hilfst du mir Tisch decken?"

  • "Natürlich!", gab die Geweihte zurück und nahm die Teller von Kassandra an. "Ich mach die hier schon mal, such Du das Besteck."


    Sie schleppt den ersten Schwung Teller in den Schankraum und stellte die Teller sie dann erst einmal auf der Theke ab, um mit Hilfe der älteren Kinder die Tische zusammenzuschieben, so dass alle Platz finden konnten.


    Dann stellte sie die Teller auf die Plätze und rückte Stühle heran. Während sie arbeitete, summte sie ein leises Lied und lächelte vor sich hin.

  • An einem Tisch weiter hinten saßen zwei Männer, deren Kleidung noch deutlich von der Arbeit auf dem Feld sprach. Beide betrachteten das wilde Treiben, als sei eine Schar Hühner eingefallen, die jetzt den Laden schmiss.


    "Ehm..." brummte einer, schob sich die Kappe nach hinten und kratzte sich den Haaransatz.


    "Hmhm." machte der andere und wischte sich den Schaumbart ab, den das Bier auf seiner Oberlippe und in seinem echten Bart hinterlassen hatte.


    Ein dritter hatte den Kopf auf die Arme gelegt und schaute verträumt den wohlriechenden Topf an.


    "Hrrmm.." sagte er und nickte.

  • Kassandra verteilt die Löffel an die Sitzplätze die Alanis bereits durch die Teller markiert hat und stellt den zweiten Bräter auf den Tisch.
    "Portion ein Kupfer, Jungs", teilt sie den hungrig guckenden Gästen mit.
    Die kleine zierliche Ellemir kommt in den Schankraum und nimmt Ancale seinen kleinen Bruder ab um ihn in einem der von der Familie belegten Räume hinzulegen. Als sie zurückkommt folgen ihr die beiden Angestellten des Handelshauses. Thyra legt das Buch beiseite aus dem sie den anderen vorgelesen hat und die Reisegruppe verteilt sich rasch auf die Sitzplätze am Tisch. Kassandra beginnt den Matsch auszuteilen.

  • Auch Alanis suchte sich einen Platz. Abendessen im Kreis von Kassandras wuseliger Großfamilie - das war wirklich lange her. Als sie ihren gefüllten Teller angenommen und vor sich gestellt hatte, legte sie für einen kurzen Moment die Hände ineinander und dankte mit gesenktem Kopf den Elementen für Mahl und Gemeinschaft. Der Geruch nach Fleisch und Gemüse ließ Alanis Magen hörbar knurren.


    Dann warf sie Kassandra als Herrin des Tisches einen erwartungsvollen Blick zu. Sie würde schon das Signal geben, wann es mit dem Essen los ging.

  • Tatsächlich ist es Ruth, die das Signal gibt. Sie nimmt die Hände ihrer Sitznachbarn und bestimmt: "Piep piep machen!" Und fängt dann auch gleich an: "Piep piep piep, wir ham uns alle lieb. Nix verschlabbert, nix verschütt, guten Appetit!" Der Rest der Runde murmelt halbherzig mit - bis auf die sechsjährige Freya, die Alanis statt dessen anstrahlt - und fällt dann über die Teller her.

  • Alanis schmunzelte - es war schon recht eindeutig, von welchem Elternteil Ruth ihre bestimmende Art hatte. Sie griff zum Löffel und fing dann Freyas Blick auf.


    "Na, Freya, geht es Dir gut?", fragte sie das Kind und pustete vorsichtig in ihr Essen.

  • Alanis aß mit großem Appetit ihren Teller leer. Nach einem langen Arbeitstag im Hospital und dem Gang in den Hafen hatte sie sich ein gutes Abendessen redlich verdient und so achtete sie recht wenig auf ihre Umwelt, bis ihr Hunger gestillt war und sie sich zurücklehnen konnte.


    "Und, Neuigkeiten aus dem guten, altem Amonlonde?", fragte sie schließlich in die Runde, niemanden speziell meinend.

  • Beim Essen geht es zwar gesittet aber beileibe nicht leise zu.
    "Och", antwortet Kassandra und beugt sich vor um ihrer jüngeren Tochter den Mund abzuwischen und in der gleichen Bewegung zu verhindern, daß das Kind durch seine Hampelei vom Stuhl fiel.
    "Eigentlich wenig. Wie immer. Ja, geh. Steh auf", schickt sie ihre Tochter.
    "Tear'asel ist weg", fällt ihr dann noch ein. Auch wnen das keine wirkliche Neuigkeit mehr ist. Aber sie hat Alanis seit dem nicht mehr gesehen.

  • Alanis stutzte kurz.


    "Wie, sie ist weg?" Sie war es gewöhnt, dass die Elbin immer einmal wieder verschwand, um Dinge zu tun, die nicht von den Dimensionen von Alanis menschlichem Gehirn erfasst werden konnten. "Wohin denn?"

  • "Nach Daynon, nehme ich an." Kassandra seufzt. Das ist der letzte Platz an dem sie jemanden, an dem ihr liegt, sehen will.
    "Du erinnerst dich daran, daß sie Probleme mit ihrem Gedächtnis hatte? Und sie hat sich stellenweise echt komisch benommen. Als hätten die Alten ihr nicht nur ihre Erinnerungen genommen, sondern auch noch irgendwas... dagelassen." Sie zuckt unbehaglich die Schultern, das alles sind nur ihre Theorien. Vielleicht gehen Mißtrauen und Abneigung mit ihr durch - aber es würde alles erklären.
    Thyra und Ellemir beginnen den Tisch abzuräumen.
    "Naja, wir haben uns bei unserer letzten Begegnung darüber unterhalten. Sie war... richtig komisch. Als ich dann nach ein paar Wochen noch mal nach ihr sehen wollte war sie weg. Hat mir einen Brief geschrieben, ihre Höhle fast komplett leergeräumt. Und den Samen dagelassen...."

  • Alanis runzelte die Stirn und blickte hinunter auf die Tischplatte, so sie einen Klecks Eintopf fand und ihn nachlässig mit dem Ärmel fortwischte Der Samen? Sie grübelte, was Kassandra damit meinen konnte. Irgendwo in ihrem Gedächtnis, das in letzter Zeit mit vielen anderen Dingen als ihren alten Freunden beschäftigt gewesen war, keimte eine Erinnerung.


    "Der vom Lebensbaum der Eldamar, den sie immer um den Hals trug?" Abrupt sah sie wieder auf, Fassungslosigkeit im Gesicht.

  • "Hm", machte Alanis. An ihrem Gesicht konnte man sehen, dass sie an dieser Information zu kauen hatte. Sie stand auf, um ihren Teller selbst in die Küche zu tragen, damit die vertraute Tätigkeit ihren Kopf wieder in normale Bahnen lenkte. Als sie zurückkam, lag ein leichtes Lächeln au ihrem Gesicht. "Es ist Tear", beschied sie Kassi. "Sie wird zurecht kommen."

  • Die Geweihte wog den Kopf hin und her und überblickte dann den Tavernenraum, um zu sehen, wieviele kleine Menschen noch dort waren, die sicherlich nichts von Daynon hören wollten.


    "Gleich, bei einem Portwein, mehr dazu?"

  • Alanis rückte derweil zwei Stühle vor den Kamin und legte dort ein wenig Holz auf. Eine Flasche Portwein - ein guter, wie ihr geübter Blick feststellte - war schnell gefunden, ebenso zwei Gläser.


    Und so warteten dann wenig später eine ein Buch lesende Alanis und ein Glas Port auf der Kamineinfassung auf Kassandra.