Die Wälder von Renascân

  • "Nun mal keine Bange. Ich muss mich dort vorstellen - immerhin sollte der gute Herr wissen, wer alles im Tempel lebt und arbeitet." Sie lächelt ihn beruhigend an. Irgendetwas sagt ihr, dass der junge Mann an ihrer Seite in gewissen Dingen zu nervös ist. Sie würde ihn also im Auge behalten. "Ich glaube aber, dass die Fragen zum Jadgrecht vielleicht in seinem Haus geklärt werden könnten. Er hat sicherlich Leute aus der Verwaltung, die sich mit so etwas auskennen."

  • "Nun diese Frage sollte ich wohl in der Tat klären. Sonst verhungere ich am Ende noch, oder hänge am Galgen. Das wäre nicht gearde das was ich hier erwartet habe."


    Er schaute etwas bedrückt zu Boden und auf den Schnee, den er mit jedem Schritt aufwühlte.

  • "Wenn hier jemand nicht genug zu Essen hat, kann er sich in der Küche des Tempels bedienen? Hier ist wahrlich einiges nicht so wie in der Heimat."


    Auch er musste schmunzeln, also war wohl doch mehr an den Gerüchten über das Festland dran, als er zunächst glauben wollte.

  • "Ich weiß nicht, ob es so ist, aber ich glaube wohl kaum, dass man im Tempel jemandem, der Hunger hat, etwas zu essen verweigern würde. Aber 'bedienen' wohl eher nicht - ich glaube nett fragen wäre wohl eher angebracht."


    Johanna sagt's und kuckt dann verdutzt, als ihr Fuß etwas weiter in Schnee verschwindet als gedacht - sie hat offenkundig einen Graben gefunden. Sie rudert mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten.

  • "Davon...."


    Er bricht in seinen Worten ab, als er merkt das Johanna zu fallen droht und macht einen hastigen Schritt zu ihr. Mit seinen Armen und Händen versucht er sie vor dem Sturz zu bewahren. Dies gelingt ihm auch, jedoch packt er so fest zu das sicherlich ein paar blaue Flecken zurück bleiben werden. Der Fall in den Schnee hätte wohl weniger Spuren hinterlassen. Als er sicher ist das sie wieder sicher steht, nimmt er hastig die Hände von ihr.


    "Entschuldigt, bitte."

  • Johanna gelingt es nicht ganz, einen kleinen Schmerzenslaut zu unterdrücken, als er sie fast rüde wieder auf die Beine stellt und preßt kurz die Lippen zusammen. Als sie jedoch seine kurze Unsicherheit bemerkt, hellt sich ihre Miene wieder auf.


    "Danke schön. Ich bin manchmal furchtbar ungeschickt." Sie lächelt wieder, so als sei nichts geschehen. "Aber wofür war jetzt die Entschuldigung?"

  • Er schaute wieder auf den Schnee, er gab ihm Sicherheit und erinnerte ihn an Zuhause, ob das gut war wusste er selbst nicht.


    "Mein Vater hat mir einmal gesagt, als ich noch klein war, man fast Frauen nur an, wenn sie es einem erlauben, oder wenn man sie dafür bezahlt hat."

  • Johanna sieht ihn verdutzt an. Eine Augenbraue zuckt nach oben, dann beginnt sie, schallend zu lachen. Es dauert eine kleine Weile, bis sie sich wieder beruhigt hat. Schließlich wischt sie sich ein paar Lachtränen aus den Augenwinkeln und wechselt dann von distanzierten 'Ihr' zur persönlicheren Ansprache.


    "Da hat er schon Recht." Immer noch gluckst ein Lachen in ihrer Kehle. "Und Du hast Dich seither daran gehalten und hast daher offenbar wenig Übung."


    Ihre rosigen Lippen zucken, denn legt sie eine Hand darüber, wohl, um sich selbst ein wenig zu bezähmen. Ihre Augen blitzen dennoch amüsiert.


    "Verzeih mir, ich lache nicht über Dich. Ich bin es eben gewohnt, dass ich andere berühre. Das ist schließlich Teil meiner Berufung -."


    sie grinst, doch es wirkt nicht anzüglich, sondern fröhlich.

  • Ihm schein trotz ihrer beruhigenden Worte die ganze Situation sehr peinlich. Er versucht sein Gefühl mit einem Grinsen davon zu wischen, jedoch gelang ihm das nicht.


    "Immerhin das hat mir der alte Hurenbock beigebracht."

  • Johanna runzelt kurz die Stirn, doch so kommentiert seine Aussage über seinen Vater nicht weiter. Sie weiß, dass sie mit der liebevollen Gemeinschaft ihrer Klosters, die ihre wirkliche Familie ersetzt hat, großes Glück gehabt hat.


    Über ihnen hat sich unterdes ein Bussard daran gemacht, gemütlich eine Kreise zu drehen und nachzuschauen, ob sich im Schnee leichte Beute machen lässt.


    Johanna unterdes merkt, dass ihre Schuhe den Spaziergang auf Dauer nicht mitmachen.


    "Ich glaube ich mache mich langsam auf den Weg in die Präfektur. Ich habe indessen Eisklumpen anstatt Zehen."

  • Er nickte ihr zu.


    "Ich werde euch noch zu dem Gebäude begleiten, damit ich weiß wo ich es finden kann, wenn es euch recht ist. Sonst werden wir uns sicher im Tempel wiedersehen, es wäre mir eine Ehre."

  • Aus dem Osttor kamen Gerion und Xann, sie schlugen sich gleich in das Unterholz und liesen den Weg hinter sich.


    Auch Xann suchte nach Spuren auf dem Boden, ebenso wie Gerion.

  • Am frühen Morgen hatte es geregnet. In den Zweigen hingen noch die Tropfen. Das Moos hatte sich mit Wasser vollgesogen und sich - sollten Spuren da gewesen sein - wieder aufgerichtet. An einer blätterübersähten Stelle waren einige Blätter verschoben. Da war also etwas gewesen. Die verrotteten Blätter lagen zuoberst.
    Daneben hatte ein dichter Busch massiv Schaden gelitten, als etwas scheinbar mit größerer Gewalteinwirkung daran gewütet hatte. Einige auch dickere Zweige waren teilweise mehrfach geknickt. Das Erdreich darunter war aufgewühlt.

  • Gerion lief zu den aufgewühlten Stellen und überprüfte deren Breite. Wildscheine hinterliesen ihr Wühlspuren entweder Solenweise oder in einer mindeststärke von Fußbreite. Außerdem suchte er an den Wühlstellen nach Haaren.


    "Sieht mir aber doch ganz nach Schwarzkitteln aus, die hier nach Wurzeln und Knollen gegraben haben."

  • Xann stellte sich hinter Gerion und warf nur ein paar kurze Blicke auf die Spuren und lies sie dann wieder durch die Umgebung schweifen.


    "Ja schein mir auch so."


    Er atmete die frische Luft mit tiefen Zügen ein.

  • An einem der dickeren Äste etwa in Kniehöhe hängen in der Tat einige Haare. An den Spitzen sind sie dunkel, fast schwarz, an den Wurzeln eher heller. An einem anderen Ast klebt ein wenig Blut, das aber schon eingetrocknet ist.
    Die aufgewühlte Stelle misst etwa fünf Meter im Quadrat. Das weiche Moos ist losgelöst von der Erde und liegt in Brocken herum. Dennoch weist das hinterlassene Schlachtfeld nicht die für Wildschweine typischen Wühlspuren auf. Die Verletzungen des Erdreichs sind auch nicht so tief, als dass man sinnvoll an Wurzeln gescheige denn Knollen hätte kommen können.
    An einer Stelle ist rücksichtslos eine Schneise in das dichte Gebüsch gebrochen worden. Etwa auf Höhe der Hüfte hängen einige abgeknickte Äste lose über dem Durchgang. Etwas ist also unten drunter durch.


    Die Spuren zu dieser Schneise sind im Gegensatz zu allen anderen nicht verwischt. Es ist tatsächlich ein Wildschwein, wie jemand mit geübtem Auge sofort erkennt. Das Tier muss auf das Gebüsch losgerannt sein, denn die Spuren sind unverhältnismäßig tief und auf halbem Wege sehen sie so aus, als sei es kurz zur Seite ausgeglitten.

  • Der Waldboden ist kühl. Die Tropfen sollten Linderung verschaffen. Und doch rammt es die Klauen in den weichen, feuchten Waldboden und Hitzewellen zucken über den Körper. Die Kehle ist trocken und kein Bach dieser Welt kann Linderung verschaffen. Das schwere Röcheln ist zu einem steten Begleiter geworden. Zeit hat sowieso noch nie eine Rolle gespielt.


    Die Ohren stellen sich auf und zucken von einer Richtung in die andere. Die Welt hört sich anders an. Die Töne sind schrill und das vertraute Zwitschern der Vögel ist zu einem unerträglichen Gebrüll geworden, dass die Nerven bis zum Bersten spannt. Und die Wut. Diese Wut. Ein Grollen entringt sich der trockenen Kehle, das man nie von ihm zu hören geglaubt hätte. Das graue Licht des späten Winters, das nur zögerlich durch die noch kahlen Zweige dringt, ist grell geworden in den Augen, deren Wahrnehmung langsam verschwimmt.

  • Als sich Xann dann etwas genauer umschut und unter anderem das Blut enteckt, wendet er sich wieder zu Gerion, seine Stimme ist diesmal etwas gedämpft.


    "Aber etwas muss hier pasiert sein."


    Er zeigt auf das wenige Blut und die Spuren die auf eine rasche Flucht eines der Tiere hinweist.