Die Unterstadt am Hafen

  • Leise seufzt Askir. Dann deutet er auf den Korb des jungen Mannes.


    "Du verlierst da was."


    Für sich resümiert er das Gehörte: Er hat die Wahl zwischen einer Herberge, die fast nach einem Kloster klingt, einer Taverne im Hafenviertel, in der man nicht übernachten kann, und einer Wasauchimmer in der Oberstadt. Oberstadt klingt so herrschaftlich und eigentlich wäre er lieber in der Hafenstadt geblieben. Abgesehen davon, dass Oberstadt auch einen Anstieg bedeutet ...

    "Das sicherste Mittel, arm zu bleiben, ist ein ehrlicher Mensch zu sein." (Napoleon)

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  • Eine zeitlang blickt Askir ihm noch nach und fragt sich, ob er wohl einige Kupfer kassiert für jeden Fremden, dem er die Gasthäuser der Stadt so empfiehlt, dass er letztendlich in den "Zaunkönig" einkehrt. Doch mit einem resignierten Schulterzucken beendet der Aventurier die Gedanken, bevor er seinen Weg in die Oberstadt beginnt.


    Ein Weg, der ihn durch viele verwinkelte Gassen der Unterstadt führt, so dass er schon eine Besichtigungstour und viele Fragen nach richtigen Weg hinter sich hat, als er den Aufstieg zur Oberstadt beginnt. Ächzend unter der Last seiners Seesacks und seiner Taschen, den Berg leise verfluchend (wie wenige Tage zuvor die Steigung, welche zur Nebelstadt hinauf führte) setzt er einen Fuß vor den Anderen.


    Erst im Schatten von zwei den Weg flankiernenden Gebäuden, den Aufstieg fast vollständig hinter sich gebracht und am Eingang der Oberstadt bleibt er stehen und blickt auf den hinter sich liegenden Weg hinunter. In der Ferne glitzert das Kristallmeer verführerisch im Sonnenlicht. Und genau diesem ausweichend hält er sich, soweit möglich, im Schatten des steinernen Gebäudes zur Linken.


    Vorbei am Kapaltempel und am Tempel der fünf Gottheiten vorbei führt ihn sein Weg in die Oberstadt hinein. Noch zwei Mal muss er nach dem Weg fragen, bevor er endlich vor der Taverne "Zum Zaunkönig" steht. Erschöpft und durstig betritt er die Taverne ...

    "Das sicherste Mittel, arm zu bleiben, ist ein ehrlicher Mensch zu sein." (Napoleon)

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  • Es ist früher Morgen, als Delpior in der Unterstadt am Hafen ankommt. Zielstrebig biegt er mal hier, dann mal dort ab, bis er schließlich in einer der hinteren Gassen in der Nähe vom Handelskontor van Daik angekommen war. Diese Gegend der Unterstadt mochte er nicht sonderlich, wurde er doch an Dinge erinnert, an die er nicht erinnert werden wollte. Hier in der Nähe hatte man damals Luis Holzmessner erstochen. Das war nun auch schon eine ganze Weile her, aber seine Mörder hatte man nie ausfindig gemacht, zumindest hatte man nie davon gehört oder im Landboten gelesen. Er hatte ja seine eigenen Vermutungen über diese Geschichte, aber warum sollte er darüber reden. Und mit wem?


    Delpior schüttelte sich, dann stand er vor dem Haus, das ihm Edric beschrieben hatte. Ein recht ärmliches, kleines Haus. Naja, wer hier wohnte, gehörte auch nicht gerade zu denen, die hier ihr ganz großes Glück gefunden hatten. Aber darum ging es jetzt nicht.


    Er räusperte sich, dann klopfte er an die Tür.
    Nichts.
    Delpior zog nach einem kurzen Warten die Mundwinkel nach unten, dann klopfte er erneut.
    Wieder nichts.
    Das kleine Fenster neben der Tür war durch einen schiefen Fensterladen geschlossen. Er versuchte, ihn einen Spalt beiseite zu schieben, aber ohne Erfolg. Offenbar von innen verriegelt.
    "Mist" fluchte Delpior leise zu sich selbst, dann wagte er einen letzen Versuch und klopfte erneut


    "Hallo? Jemand zuhause?" rief er gedämpft in Richtung der Tür
    Nichts.


    Mit einem Seufzer und einem Schulterzucken drehte er sich um und war kaum zwei Schritte gegangen, als er von drinnen ein Rumpeln hörte, gefolgt, von einigen schweren Schritten. Das Geräusch eines Riegels, dann ein Knarren und die Tür öffnete sich. Zum Vorschein kam ein bulliger Mann, vielleicht einen halben Kopf größer als Delpior. Seine Haare waren zerzaust und sowohl sein Bart wie auch seine kurze fleckige Tunika hatten wohl schon länger keine Pflege mehr erhalten. Delpior drehte sich um und ging auf dem Mann zu, die Hand zum Gruße ausgestreckt, mit einem etwas schiefen Lächeln, das wohl freundlich wirken sollte.


    "Die Fünfe zum Gruße. Ich bin Delpior. Delpior Sorley. Ich komme vom Hospital. Seid ihr Herr...äh...Berno? Ähm, nein. Martins. Ich meine Herr Berno...Martins."


    Aus der Richtung des Mannes drang ein Geruch, der denn modrigen Muff des Hauses mit Schweiß und stechendem Branntwein verband.

  • Der Mann nickte und ein Wortwechsel entstand. Man sah den Heiler noch einen Schritt näher treten und ein wenig gestikulieren, in Richtung der Oberstadt zeigen. Martins schüttelte den Kopf. Delpior redete weiter auf ihn ein, und auf einmal ging alles sehr schnell und es wurde laut in der Gasse. Berno Martins begann zu brüllen, packte den Heiler und zog ihn an sich heran


    "Ich geh nirgends hin, Bürschchen. Du hast hier gar nichts zu melden, wie es mir geht, das geht dich einen feuchten FURZ an!"


    Martins schlug den Heiler abwechselnd links und rechts an den Türrahmen, dann begann er mit den Fäusten, auf ihn einzuprügeln, laut wilde Flüche und Beschimpfungen ausstoßend.


    Ja, es wurde sehr laut in der Gasse.

  • Delpior wusste nicht, wie ihm geschah. Mehrmals traf er auf irgendetwas Hartes, zwischen dem her hin- und hergeschleudert wurde. An Gegenwehr war nicht zu denken, nur die Arme irgendwie hochreißen. Dann kam der Schmerz, an vielen Stellen gleichzeitig, und die Gasse um ihn herum verschwamm zu einem seltsamen Zerrbild. Er hörte das Brüllen des Mannes, er roch seinen Branntweinatem, er fühlte, wie er gepackt wurde und wie ihn immer wieder irgendetwas traf. Schmerzen. War das sein Rufen? Ja, das war seine eigene Stimme. Irgendwie. Sie dröhnte seltsam schrill in seinen eigenen Ohren.


    "HILFE!!! HÖRT DOCH AUF!!! ZU....ZU HILFE!!!!"

  • Nesrin kam gerade aus der Flunder, mit einem Eimer voller Putzwasser, den sie auf der Straße entleeren wollte, als sie den Lärm hörte. Neugierig ging sie um die nächste Straßenecke und sah das wie sich zwei Männer gerade prügelten. Naja, eigentlich prügelte der eine, der andere schrie. Ein bisschen wie ein Mädchen, ging es ihr durch den Kopf.
    Schnurstracks machte sich Nesrin mit dem Eimer auf den Weg zu den beiden Streithähnen und schüttet dem Prügelnden ohne zu Zögern, den Eimer ins Gesicht.

  • Für einen kurzen Moment hörte Berno auf, auf den Delpior einzuprügeln und auch sein Brüllen verstummte. Mit aufgerissenen Augen, offenem Mund und tropfend starrte er Nesrin ungläubig an, dann ließ er den Heiler los, der seitlich zusammensackte.


    Berno wischte sich über die Augen, dann stampfte er auf Nesrin zu und es wurde wieder lauter. Er hatte sein Brüllen wiedergefunden und hob den rechten Arm bedrohlich an


    "Was mischst du dich denn hier ein? Du dreckige Schlampe! Dir werd ich gleich eine in die Fresse geben, wie dir's gehört, du verdammtes Miststück!"


    Auch Nesrin vernahm nun den Geruch von Schweiß und Branntwein, zu dem sich jetzt noch der wohlbekannte Duft von dreckigem Putzwasser gesellte.

  • Nesrin blieb ungerührt stehen, solche drohungen kannte sie. In aller Regel machten die großspurigen Männer eh nicht ernst und der Anstand hinderte sie selbst in betrunkenem Zustand sich mit einer Frau zu prügeln. Die Frauen waren da meistens gefährlicher. Daher fragte sie fauchend:


    "Dreckige Schlampe? Hast du mich gerade dreckige Schlampe genannt?"


    Zur Sicherheit nahm sie den Eimer in die rechte Hand.

  • Nesrin sieht den Schlag kommen und dreht sich zur Seite, ist aber nicht schnell genug. Die Hand trifft ihren Wangenknochen und Schmerz breitet sich dort aus, wo die Hand sie getroffen hat. Auch wenn sie nicht schnell genug war um dem Schlag auszuweichen, so hat es dennoch zur Folge, dass sie ohne größere Probleme das Gleichgewicht halten kann. Sofort setzt sie zum Gegenschlag an und haut mit dem Eimer zu.

  • Vom Eimer am Kopf getroffen taumelt Berno ein wenig zurück, aus einer Platzwunde oberhalb seines linken Auges blutend.


    "Du elende..." stieß er wütend hervor, als er sich an die Wunde fasste und das Blut an seiner Hand anstierte


    "Ich bring dich um, du dreckiges Flittchen!" donnerte er, als er sich wieder auf Nesrin stürzte. Seine rechte Pranke in Richtung ihres Halses gestreckt setzte er an, ihr den Eimer aus der Hand zu treten.


    Das über das Gesicht herunterlaufende Blut, die am Kopf klebenden wirren Haare und die besudelte Tunika verliehen ihm dabei ein Aussehen, das man zweifelsohne als furchterregend bezeichnen konnte. Ein Irrer, der offensichtlich zu allem bereit war.

  • Im gegenüberliegenden Haus, einer schiefen Fachwerkkonstruktion, die sich in den Jahren seit der Siedlung immer mehr nach vorne geneigt hatte, ging in diesem Augenblick das Fenster im Obergeschoss auf. Zwei Frauengesichter zeigten sich, dann dauerte es nur den Bruchteil einer Sekunde, bis ein Nachttopf auf die Strasse flog, sehr genau auf Bernos Kopf und Oberkörper gezielt.

  • Narvi hatte vor einigen Minuten ihren Wachdienst beim Raken-Tor der Unterstadt abgeschlossen und ihn an die folgenden Wachhabenden übergeben. Ein ganz normaler Ablauf. Sie war entspannt. Etwas müde aufgrund der frühen Wache, aber dennoch entspannt. Das Rauschen des Raken erinnerte sie immer an die Wildnis, als sie von Hablo einige Monde das Überleben in der Wildnis erfahren durfte.


    Der Gang durch die Gassen der Unterstadt dagegen erinnerte sie eher an das Viertel in Morrigan, wo ihre Zieheltern ihren Laden hatten. Es rocj zwar immer verlockend nach Leder, aber sobald sie nicht alleine war, musste sie sich auf Ärger einstellen. Nichts war recht, alles nur Schund, was sie im Laden gearbeitet hatte. Dabei hatte sie früh schreiben und lesen lernen müssen, um ihrem Ziehvater beim "Papierkram" helfen zu können. Den "Lederkram", wie Taschen bauen und verzieren, fand sie jedoch immer interessanter. Aber was hatte ihn das interessiert? Nen Dreck. Noch heute konnte sie sich lebhaft die Schreie vorstellen, wenn er sie zurecht wies...


    Moment mal... Aus den Gedanken gerissen horchte sie auf. Da waren Schreie! Narvi drehte von ihrem Weg ab und rannte in Richtung der Flunder. Zuerst schrie ein Mädchen, etwas klopfte dumpf auf Holz, dann krachte etwas beängstigend und immer diese Schreie, die sie unruhig werden ließen.


    Nur die Ruhe, Narvi... Sagte sie zu sich selbst


    Als die Geräusche sehr nah schienen, schlich sie an einer Hauswand entlang und spähte hervor. Schnell merkte sie, dass Delpior niedergeschlagen in einem Türrahmen lag, während ein grimmiger, unanständig groß gewachsener Kerl auf eine Frau losging. Zu ihrem Glück hatte er Narvi den Rücken zugewandt. Den Garde-Knüppel bereits in der Hand, wägte sie ihre Chancen ab.


    "Er ist groß, behäbig, macht aussschweifende Bewegungen - könnte betrunken sein. Gut! Hoffentlich ist sein Dickschädel nicht zu ausgeprägt. Ihn anzuschießen wär fatal, ich belass es bei dem Knüppel.


    Und dann schoss sie los. Lieber nicht allzu forciert, so dass man sie im Getümmel nicht gleich hören konnte, rannte sie auf den "Riesen" zu. In diesem Moment bemerkte sie nicht, wie ein Nachttopf im Flug sich näherte. Sie erstarrte, als das Ding laut scheppernd nieder krachte und war froh noch 5 Schritt entfernt gewesen zu sein.


    "Begrüßt man sich hier am Morgen so?" waren ihre Gedanken, als sie die Situation und v.a. die Verfassung des "Riesen" im Auge behielt. Vorerst noch in guter Entfernung. "Oh Mist, ich muss doch keinen Bericht dazu abgeben?!"

  • Nesrin schrie auf, als der Fuß ihre Hand traf und ließ den Eimer fallen. Dann ging alles sehr schnell. Als erstes sah sie eine Frau mit einem Knüppel, die auf sie zugerannt kam. Kurz danach wurde sie von den Füßen gerissen, als das Gewicht des Mannes sie traf. Beim fallen blieb ihr Blick an einem Nachtpof hängen, der genau über ihnen beiden herunter fiel.

  • Fast zeitgleich bekam Berno die Schankmaid zu fassen und wurde vom Nachtopf an der Schulter getroffen. Eine gelbe, eindeutig riechende Flüssigkeit ergoss sich über ihn und er stürzte, erneut ins Taumeln gebracht, nach vorne über, direkt auf Nesrin. Sein Gewicht verursachte weitere Schmerzen, während ihr der Atem fast schlagartig wich. Sein Geruch war furchtbar, ebenso die blutverschmierte Fratze, die er dabei schnitt.


    Nesrin fühlte, wie seine Hände an ihren Hals schnellten und zudrückten - ihr Kopf schien zu platzen und ihr war, als müsste sie laut aufschreien, aber aus ihrer Kehle drang nichts anderes als ein verzweifeltes Gurgeln.


    "Dir drehe ich den Hals um, du Miststück..." keuchte Berno, und seine weit aufgerissenen Augen blitzten Nesrin bösartig an.

  • Narvi reagierte prompt, als der Nachttopf sein Ziel leider nicht lahm legte und stürmte nach vorn. Dieser Kerl war sowieso dermaßen in Rage, dass er sie nicht kommen hören würde. Sie stürzte los und sprang hinter ihn, schlug mit dosierter Kraft mit dem beschleunigten Knüppelende an seine Schläfe, um ihn "schlafen" zu schicken. Der Knüppel sauste nieder. Narvi registrierte im Augenwinkel die weit aufgerissenen Augen der gedrosselten Frau.