Bellarias Haus (2)

  • Ignatzio, auch mit viel Lebenserfahrung wirst du auf solch eine Situation niemals vorbereitet sein.


    Sie schenkte ihrem Schüler ein müdes, mütterliches Lächeln.
    Er war noch nie außerhalb Magoniens und Renascâns gewesen. Bellaria überlegte, ob sie ihn überhaupt je mit auf Reisen nehmen sollte. Seine jugendliche Unschuld und Naivität würde er dadurch sicher verlieren.
    Sie seufzte.



    Die Amonlonder haben Probleme mit sogenannten Technomagiern. Es gab Vermutungen, dass diese dahinter stecken könnten. Viel weiß ich über diese Outilisten allerdings auch nicht; ich bin noch nie einem solchen begegnet und habe bei meiner Reise zum ersten Mal davon gehört.


    Und ja, es gibt böse Magier. Die gibt es leider überall.
    Sie senkte den Blick und seufzte. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihm von der Krähe - dem Nekromanten, der irgendwo im magonischen Hinterland sein Unwesen trieb - berichten sollte.

  • "Technomagier ? Was sind das denn für Magier ? Also ich habe von dem Begriff der Technologie schon gehört, aber was sind dann Magier dazu ? Vorallem habe ich mal einen Mechanikus getroffen der genau das Gegenteil sagte, er sagte Technick ist wie Magie nur ohne Magie ? "


    Dann dachte Ignatzio etwas nach.


    "Aber wenn es sie überall gibt, gibts die dann auch hier in Renascan ? Und warum machen die ansässigen Magier nichts gegen sie ? Gemeinsam mit der Garde und allen Magiern des Landes kann man die doch gewiss besiegen ? "

  • Was hatte Kassandra noch einmal gesagt? Hmmm... ich weiß es nicht mehr genau. Paolo Panarius erzählt ab und zu mal etwas über Mechanik und Technik... aber ich habe mich nie dafür interessiert. Vielleich hätte ich das mal lieber tun sollen. Wenn ich das nächste Mal Gelegenheit dazu haben werde, werde ich noch einmal nach diesen Outilisten fragen. Aber irgendwie war doch zu wenig Zeit.



    Als Ignatzio fragte, ob es auch böse Magier in Renascân gab, sah sie ihn ernst an. Sie beschloss, ihn nicht anzulügen.


    Vor etwa vier Sonnenläufen feierte Eléna ihren Geburtstag im Zaunkönig. Tauron hatte irgendwo in Hrayland eine alte Schriftrolle gefunden und schenkte Eléna diese. Die Schriftrolle stelle Eléna Aufgaben. Unter anderem gelangen wir dadurch auch auf eine andere, zeitlose Ebene. Wie wir später erfuhren, war das das Gefängnis eines bösen Magiers, der seinerzeit in Magonien sein Unwesen trieb. Aber als wir auf ihn trafen, wussten wir nicht wer oder was er war und aus Versehen befreiten wir ihn aus seinem Gefängnis.
    Ab und zu hörte man von ihm, er drohte immer wieder Magonien und Renascân zu vernichten, wütete in den Wäldern, erschuf Untote...
    Vor etwa drei Sonnenläufen gab es eine Expedition ins Hinterland, die ihn erfolgreich zurückschlagen und vor allem schwächen, aber nicht vernichten konnte. Wir haben dadurch einiges mehr über ihn erfahren. Er nennt sich selbst "Die Krähe" und ist ein grausamer Mensch.
    Seitdem war es still um ihn. Aber dieser Nekromant, die Krähe, ist nach wie vor irgendwo da draußen im Hinterland und sammelt neue Kraft. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis er wieder auftaucht.

  • Ignatzio verlies jedliche Farbe als seine Meisterin begann von diesem Magier zu erzählen. Blass und mit offenem Mund blickte er zu ihr herüber.


    "Ob göeich ich gefragt habe,denke ich nun im nachinein, dass ich die Antwort lieber nicht gewusst hätte. Aber wenn er doch so eine Bedrohung darstellt, warum schickt man nihct wieder eine noch stärke Expedition zu ihm ? "

  • Sie blickte ihn besorgt an und legte ihren Arm um seine Schulter.


    Die Garde ist nicht ausgebildet gegen Magier. Das ist eine Sache, über die ich schon sehr lange mit Emerald und Chiara reden wollte; das müssen wir ändern. Wir haben hier in Renascân nicht genügend mächtige magisch begabte Wesen, um alleine mit ihm fertig werden zu können. Also brauchen wir Hilfe von Verbündeten. Das will organisiert werden. Die ganze Zeit war es auch still um ihn, was uns das Ganze auch hat vergessen lassen. Aber wir sind bereits dabei, Vorkehrungen zu treffen und wenn die Situation ernster werden sollte, werden wir auch die nötigen Schritte gehen.


    Ich kann dich auf jeden Fall verstehen. Es gibt Vieles auf dieser Welt, von dem du noch nichts erfahren hast. Gutes wie Schlechtes. Und ich wünsche dir von Herzen, dass sich dein Leben mit möglichst vielen guten Erfahrungen füllen wird.
    Aber ich muss dich auch auf das Schlechte vorbereiten, Ignatzio - um dich zu schützen. Dir nutzt es nichts, wenn ich dich anlüge. Wenn der Tage kommen wird, an dem die Krähe Renascân angreift, musst du wissen, wer er ist und wie du dich schützen kannst.


    Aber bei all den schlechten Dingen, darfst du eine alte Bardenweisheit nie vergessen: Wer kein Leid erfahren hat, wird nie ein Lied, das von Trauer und Schmerz handelt, mit dem Herzblut singen können, wie der, der all das erlebt hat. Jemand, der nie Liebeskummer litt, wird nie ein trauriges Liebeslied mit solch einer Hingabe singen können wie du, an dem Tag, als du zu mir kamst.



    Sie strich ihm durchs Haar und lächelte ihn an.


    Jetzt hast du einiges zum Nachdenken, hm?

  • "Oh ja Meisterin."


    Ignatzio blickte etwas verlegen auf den Fußboden.


    "Es gibts so vieles von dem ich nichteinmal Träumen könnte, weil ich mir dessen Dasein einfach nicht vorstellen kann. Und genau das macht mich nun traurig aber auch gleichzeitig bestärkt es mich in meiner Entscheidung zu Euch aufgebrochen zu sein Meisterin. Denn ihr habt recht, wer die gefühle der Lieder nicht kennt, kann sie nicht besingen."


    Dann blickte er wieder zu ihr auf


    "Aber wenn es jeh in meiner Macht steht Euch oder Renascan zu helfen, dann werde ich nicht zögern das zu tun."

  • Sie lächelte ihn erneut mütterlich an.


    Du wirst erfahren, lernen und daran wachsen.
    Wir alle können Renascân helfen - jeder auf seine Art und jeder zu seiner Zeit.


    Sie hatte sich zurück gelehnt, blickte nun ins Feuer und leerte ihren Becher.


    Es ist schon spät. Vielleicht sollten wir beide schlafen gehen und morgen weiter sehen. Wenn du Fragen hast, Ignatzio, dann scheue dich nicht, sie mir zu stellen.

  • "Nein Meisterin, ich glaube kaum, dass ich noch eine Farge klar formulieren könnte, dazu schwirren viel zu viele gedanken in meinem Kopf herum."


    Er klopft sich auf die Oberschneke und stand auf.


    "Ich glaueb ich werde euren rat beherzigen, und eine nacht über alles schlafeb, was ich heute erfahren habe. Ich danke euch Meisterin."

  • Die beiden wünschten gegenseitig eine gute Nacht, trennten sich und gingen schlafen.



    In den nächsten Tagen trat der Alltag ein. Bellaria war tagsüber in der Akademie, wo auch Ignatzio den Unterricht besuchte und abends saßen Meisterin und Schüler oft zusammen, um Musik zu machen, Dinge zu lehren respektive zu lernen oder einfach um miteinander zu reden. Talinor war die meiste Zeit über im Zaunkönig und in diesem Haus inzwischen eher ein seltener Gast.


    Etwa ein Dutzend Tage, nachdem Bellaria wieder nach Hause gekommen war, brach sie auch schon wieder auf, um sich mit Kassandra auf den Weg nach Yddland zum Eierfest zu machen. Nach 10 Tagen war sie jedoch schon wieder zurück gekehrt.

  • SL - Zeitanpassung - SL - Zeitanpassung - SL


    Frühling läßt sein blaues Band
    Wieder flattern durch die Lüfte
    Süße, wohlbekannte Düfte
    Streifen ahnungsvoll das Land
    und rosa Wölkchen flüstern sanft...
    ...wir schreiben den vierten Monat im Jahre 409 n.Dj.


  • Inzwischen waren einige Wochen vergangen. Es war kurz vor dem Feste der Akestera, als Bellaria von ihren Reisen nach Atvia und Aarûn zurück gekehrt. Glanwen und Lindain waren mit ihr gekommen.
    Bellaria stellte ihr Gepäck beiseite und wandte sich an ihre Gäste.


    Ich werde umgehend zum Schmied gehen. Dankwarts Worte hallen mir nach wie vor in den Ohren.
    Wollt ihr hier bleiben? Möchtet ihr etwas trinken oder essen?
    Ich werde dann noch eben ein paar Einkäufe auf dem Markt erledigen.



    IGNATZIO!!!

  • Glanwen stellt ihren Rucksack sanft zu Boden und sinniert einen Augenblick über Bellarias Worte nach, ehe sie nickt.


    "Tee, bitte", klingt ihre dunkle rauchige, aber weiche Stimme, etwas heiserer als gewöhnlich und sie mustert Bellarias Haus. Es sieht nach wie vor aus, wie beim letzten Besuch und wie zufällig streifen Glanwens Blicke den Tisch, auf welchem das unselige Buch der Spiele gelegen hatte.


    Doch er ist leer und sie seufzt leise erleichtert auf.


    Dann wendet sie den Kopf zu ihrer Freundin und fügt hinzu: "Ich komme gern mit dir auf den Markt, um dir beim Tragen deiner Einkäufe behilflich zu sein."

  • Glanwen sah die Freundin, die, mit sichtlich erschöpften Nerven, umherwanderte, wie ein gefangener Panther im Käfig. Die Elfe seufzte. Sie verstand Bellarias Unruhe. Sie hatten in Aârun einiges erlebt und noch nicht verwunden, noch waren die Erinnerungen zu frisch. Ihre Seelen hatten einander berührt und Glanwen hatte zum ersten Male einen kleinen Eindruck von Bellarias Innerem. Es erinnerte sie schmerzlich an das ihre, das ebenso chaotisch war in manchen Zeiten. Nachdenklich musterte sie die Freundin.

  • Sie hielt kurz inne und nickte. Die Zeit, bis das Teewasser heiß war, verbrachte sie in Schweigen. Dann brühte sie ebenso still den Salbeitee auf, richtete Becher, Honig und Zucker auf den Tisch und setzte sich. Auch wenn sie sich ruhig verhielt, so war ihre innere Unruhe doch kaum zu überspüren.

  • Glanwen ließ ihre Augen auf Bellaria ruhen, sie war ans Fenster getreten und öffnete es, um die frische Luft der Nacht hereinzulassen. Ihre Gedanken allerdings klopften leise an Bellarias Seelentür, auf Einlass wartend. "Woran denkst du, Schwester?", schien sie leise zu fragen, ohne es auszusprechen.

  • Dankwarts Vorlesung hat mich sehr mitgenommen. Der ganze Besuch der Akademie hat mich sehr aufgewühlt. Ich weiß, dass ich eine dieser Träumer bin, von denen Dankwart gesprochen hat - jemand, der die Welt schön sehen will und nicht daran denkt, was passiert, wenn...


    Ja... wenn das passierte, worüber Dankwart gesprochen hatte. Bardenmord.
    Sie sprach es laut aus, sodass auch Lindain es hören konnte.



    Ich möchte nicht länger still sitzen. Ich möchte vorbereitet sein. Ich möchte handeln. Für uns alle.

  • Nun ja... Dankwart ist da sehr speziell. Er hat sicher auf gewisse Weise Recht - ich trage nicht umsonst ein Schwert - aber er malt die Welt all zu düster. So düster ist sie nicht, denn genug Inseln des Lichtes gibt es, wo es so etwas wie Sicherheit gibt. Eben genau so, wie es Reiche wie Bahia gibt.