Ort: Mythodea
Zeit: Anfang März
Teilnehmer: Adrian (heute mal in anderer Rolle ), Tiara
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Müde und gezeichnet von den Anstrengungen der letzten Monate war das Gesicht des Mannes an dem Arbeitstisch in seiner Stube. Augenringe verliefen unter den Lidern und prägten die gesamte Mimik des Mannes. Der Schmerz und die Trauer waren eine schwere Bürde. Verlust folgte Verlust und Nichts konnte sich dem Verfall in seiner Seele in den Weg stellen. Es gab keine Quelle der Kraft mehr für ihn, außer dem tiefen Glauben an das Sein und die Hoffnung auf bessere Tage. Er hat Freunde verloren und die Liebe durch seine Hände rinnen lassen. Selbst die Frucht des Lebens, die er erschaffen hat, war fort.
Die Ereignisse seiner Geschichte haben sich vor langer, langer Zeit zugetragen auf einem weit entfernten Kontinent. Sie sind längst geschehen. Nichts lässt sich daran noch ändern. Seine Geschichte berichtet über Liebe und Verlust, Bruderschaft und Verrat, Mut, Aufopferung und dem Tod von Träumen. Es ist eine Geschichte über die unscharfe Grenze zwischen dem, was unser Bestes und unser Schlimmstes darstellt. Es ist die Geschichte vom Ende eines Lebens und dem Beginn eines Neuen. Geschichten sind seltsam... Zwar geschah dies Alles vor so langer Zeit und so weit entfernt, dass Worte weder Zeit noch Entfernung beschreiben können, aber es geschieht auch jetzt. Und hier. Es geschieht, während der Mann die Worte auf dem Zettel in seiner Hand liest. Nacht senkt sich auf die Zivilisation und das Leben in Mythodea herab. Dies ist das Zwielicht der Schöpfung. Das Ende beginnt jetzt.
Er hätte das alles kommen sehen müssen; Schon viel früher aufbrechen sollen. Doch seine Pflichten banden ihn. Er hatte sich selbst gebunden und die Veränderung hielt ihn noch immer in ihrem Griff. Seine Hand ballte sich zur Faust und umschloss das Papier. Seine Boten hatten Kunde aus Barhan gebracht, heute. Ein Bote hatte eine Nachricht aus demselben Lehen gebracht, ebenfalls heute. Alle Wegweiser zeigten nach Wiesengrund. Also würde er sich ebenfalls dorthin begeben... jetzt... von hier aus... Er würde sie finden. Tiefer Glaube und Hoffnung waren seine Quelle der Kraft in den dunklen Tagen. Doch, wenn selbst diese nicht mehr ausreichen gab es stets noch eine Quelle, um neuen Antrieb zu gewinnen: Pflichterfüllung. Sie, diese eine Frau, war der Schlüssel zu seiner Bestimmung.
Rasch waren die Komponenten zusammengetragen. Das, was er vorhatte fiel ihm in letzter Zeit immer leichter, je öfter er dies tat. Aber das war nicht verwunderlich. Jeder Zauberspruch, war im Grunde ein Ritual, dass man so oft wiederholt hatte, dass es sich in wenigen Worten und mit wenig Kraftaufwand wiederholen ließ. Jahre der Übung standen dem Mann noch bevor, um auch dieses Ritual zu meistern - etwas, was die Elemente ihrem Archon und ihrer Nyame in die Wiege legte. Umgeben von den Vieren und das fünfte Element durch sich selbst verkörpert machte sich der Magier an sein Werk, die Verbindung mit dem Land zu suchen. Fremde Worte verließen dabei seine Lippen, als er scheinbar die Elemente selbst anrief. Der Mann wusste, was er tun musste. Er wusste, wohin er wollte. Und doch, fühlte sich alles anders an als sonst, als er seinen Geist an das Land übergab. Es war zu spät zum Abbrechen und zu spät zur Rückkehr. Der Magier verlor das Gefühl über Zeit und Raum. Es wurde dunkel.
Die Dunkelheit ist großzügig.
Ihr erstes Geschenk ist Geheimhaltung: Unsere wahren Gesichter liegen in der Dunkelheit unter unserer Haut. Unsere wahren Herzen liegen noch tiefer im Schatten. Aber die größte Geheimhaltung liegt nicht im Schutz unserer verborgenen Wahrheit, sondern darin, uns vor den Wahrheiten der Anderen zu schützen. Die Dunkelheit schützt uns vor dem, was wir nicht zu wissen wagen.
Ihr zweites Geschenk ist tröstende Illusion: Die Entspannung von sanften Träumen in der Umarmung der Nacht, eine Schönheit, die Vorstellungskraft jenen Dingen gibt, die im grellen Tageslicht abstoßend wären. Doch der größte Trost ist die Illusion vom der vorübergehenden Natur der Dunkelheit: dass jeder Nacht ein neuer Tag folgt. Denn es ist der Tag, der vorübergeht.
Das dritte Geschenk ist das Licht selbst: Tage werden durch die Nächte definiert, die sie trennen. Und Sterne werden durch die unendliche Schwärze definiert, die sie umgibt. Die Dunkelheit umarmt das Licht und bringt es aus ihrem eigenen Zentrum hervor.
Mit jedem Siegt des Lichtes ist es die Dunkelheit, die gewinnt.
Geschichten sind seltsam. Man kann in sie so viel herein interpretieren, dass die möglichen Variationen und Zwecke der Worte kaum vorstellbar sind. Siegt das Licht über die Dunkelheit? Die Dunkelheit über das Licht? Ist alles im ständigen Kreislauf? Oder ist Beides nur schein? Wer kann das nur sagen, außer dem Urheber von Licht und Dunkelheit? Wichtig ist allein, war wir glauben. Dies ist die Quelle, die uns antreibt; Die Hoffnung, dass ganz gleich, ob Licht oder Dunkelheit obsiegt, der Nacht ein neuer Morgen folgt.